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Quincy Jones – The Quincy Jones ABC/Mercury Big Band Jazz Sessions

30.01.2008
Wenn man einmal von der Musik selbst absieht, schien nichts an diesem Projekt sinnvoll gewesen zu sein. Es war weder in ökonomischer oder logistischer Hinsicht vernünftig, noch befriedigte es eigentlich das ausgeprägte Ego von Starmusikern. Doch weder dies noch die Tatsache, daß die Ära der großen Jazzorchester bereits der Vergangenheit angehörte, hinderte Quincy Jones daran, seine eigene Bigband zu gründen. Denn ihm ging es allein um die Musik.
 
Und weil Quincy Jones unter Musikerkollegen außerordentliche Hochachtung genoß, waren sich auch die “großen Tiere” der Jazzwelt (etwa Art Farmer, Zoot Sims, Curtis Fuller, Phil Woods, Freddie Hubbard, Benny Golson, Art Blakey oder Hank Jones) nicht zu schade, mit ihm und seiner Big-Band auf Tournee zu gehen. Ein Problem war damals sehr viel eher, geeignete Bühnen zu finden, auf denen das vielköpfige Orchester genug Platz hatte. Das Publikum, neugierig auf Quincys musikalische Geniestreiche, wurde wiederum in Scharen angezogen und hatte an den Auftritten seine helle Freude. Nicht anders wird heutigen Jazzfans gehen, wenn sie diese Aufnahmen (wieder)entdecken.

Die fünf CDs dieser Box enthalten nicht nur sämtliche Studio- und Live-Sessions, welche die Quincy Jones Big Band zwischen 1959 und 1961 für das Label Mercury machte, sondern auch das Material eines 1956 für ABC-Paramount eingespielten Albums sowie eine Impulse!-Aufnahmesession von 1961. Schon die 1956er Aufnahmen zeigen Jones als Meister der Arrangierkunst und exzeptionllen Bandleader. In den Studioaufnahmen von 1959/60 (zwei der Alben trugen die Titel “The Birth Of A Band, Volume 1 & 2”) kann man die eigentlichen Geburtstunden der Quincy Jones Big Band und ihren weiteren Werdegang nacherleben. 1961 kam die Band wieder zusammen, um auf eine Tournee durch Europa zu gehen und beim Newport Festival in den USA aufzutreten. Mit einer vergrößerten Band ging Quincy 1961 außerdem noch für seine Impulse!-Sessions ins Studio. Als Bonus gibt schließlich noch drei Nummern zu hören, die Quincy Jones 1964 mit einer All-Star-Band mit u.a. Dizzy Gillespie, Nat Adderley, Freddie Hubbard, J.J. Johnson, Kai Winding, Phil Woods, James Moody, Roland Kirk, Benny Golson, Pepper Adams, Milt Jackson und Art Blakey aufnahm.

Die Stücke, die Quincy Jones selbst für seine Big-Band komponierte, zeichneten sich durch harmonische und rhythmische Komplexität aus. So erfand er die Big-Band-Musik für eine neue Dekade und eine neue Hörergeneration quasi neu. Seine Kompositionen klangen zwar jugendlich frisch und aufregend, waren dabei aber technisch unglaublich anspruchsvoll. Sie mit einer großen Besetzung von siebzehn bis zwanzig Musikern umzusetzen, erforderte zum einen hervorragende Arrangements und zum anderen nicht weniger hervorragende Ensemblemusiker.  Tatsächlich wuchs die Band, je höher die an sie gestellten Anforderungen waren, immer weiter über sich hinaus. Das Kollektiv swingte mit Schweizer Präzision und verstand es zugleich locker und kompakt zu klingen.

Die vielseitigen Talente von Quincy Jones wurden bereits früh erkannt. Der 1933 in Chicago geborene, aber in Seattle aufgewachsene Quincy begann als Jugendlicher Trompete zu studieren und stieß als 20jähriger zum Orchester von Lionel Hampton, wo er Seite an Seite mit Art Farmer und Clifford Brown in der Trompetensektion spielte. Einen Namen hatte der Youngster sich zuvor aber schon als Arrangeur für Count Basie, Cannonball Adderley, Tommy Dorsey und Dinah Washington gemacht. 1956 holte ihn Dizzy Gillespie in seine Band und beförderte ihn bald darauf auch zum musikalischen Leiter. 1957 zog Quincy vorübergehend nach Frankreich, um bei der berühmten Nadia Boulanger zu studieren. Während dieser Zeit produzierte und arrangierte er in Paris auch Aufnahmesessions für die großartigen Chansoniers Jacques Brel und Charles Aznavour sowie für durchreisende amerikanische Stars wie Sarah Vaughan und Billy Eckstine. Diese Arbeiten sollten ihm auch in den USA schon bald neue Türen öffnen. Heute kann Quincy Jones auf Zusammenarbeiten mit internationalen Superstars wie Miles Davis, Frank Sinatra, Michael Jackson, Peggy Lee, Ray Charles, Paul Simon und Aretha Franklin zurückblicken.

Das Booklet, das der Box “The Quincy Jones ABC/Mercury Big Band Jazz Sessions” beiliegt, enthält einen Essay des britischen Jazzkritikers und -musikers Brian Priestley und eine komplette Diskographie sowie viele seltene Aufnahmen des berühmten Jazzfotografen Chuck Stewart.

Aufnahmejahre: 1956 – 1964