So wie James Last, nur ganz anders: Blues statt Swing als gemeinsamer Nenner
Mit ihrem zweiten Album “Things To Come” beweisen Regener Pappik Busch, dass ihre Leidenschaft für den modernen Jazz keine flüchtige Schrulle der Element of Crime-Musiker ist.
Regener Pappik Busch(c) Charlotte Goltermann
02.06.2022
Dieses Album auf LP und weitere finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Dass sich Rock- und Popstars im Spätherbst ihrer Karriere gerne in jazzige Gefilde verirren, sorgt inzwischen kaum noch für große Schlagzeilen. “Been there, done that”, schallt es aus der Ecke von Rod Stewart, Robbie Williams, Lady Gaga, Paul McCartney, Barry Manilow, Annie Lennox und vielen anderen. Bei Sven Regener, seines Zeichens Stimme und Kopf der chansonesken, deutschsprachigen Rock-/Pop-Band Element of Crime, und seinen beiden kriminellen Partnern Richard Pappik und Ekki Busch liegen die Dinge allerdings ein wenig anders. Denn Regener versucht sich wohltuenderweise gar nicht erst als Showboat-Crooner, sondern lässt einzig seine Trompete sprechen. Das rein instrumentale Trio bewegt sich allein dadurch schon auf einem ganz anderen Niveau als all die Vorgenannten. Einem Niveau mit deutlich mehr Risiken und Fallhöhen, die es aber erstaunlich bravourös meistert. Auch wenn ein paar “ernsthafte Jazzkritiker” vergangenes Jahr über “Ask Me Now”, den ersten Jazzausflug von Regener Pappik Busch, reflexartig ihre Nasen gerümpft haben. Das Album schaffte es trotzdem sowohl in die oberen Regionen der deutschen Albumcharts, als auch auf Platz 1 der deutschen Jazzcharts. Nun legen Regener Pappik Busch mit “Things To Come” unbeirrt und vielleicht sogar noch motivierter nach.
So viel vorab: Vergessen Sie für einen Moment den 1931 von Duke Ellington komponierten Song “It Don’t Mean A Thing (If It Ain’t Got That Swing)”, dessen Titel in der Jazzszene schnell zum geflügelten Wort wurde. Tatsächlich war er, wie der Komponist später selbst einräumte, weniger als Postulat gedacht, sondern sollte vielmehr das Gefühl ausdrücken, das seinerzeit unter Jazzmusikern herrschte. Der Jazz ist aber – im Gegensatz zu manchen Kritikern – nicht in der Swing-Ära stehen geblieben. Und bei Regener Pappik Busch spielt das Swing-Element deshalb - wenn überhaupt – eine eher untergeordnete Rolle. Die drei lassen sich bei ihren Jazzabenteuern stattdessen vom Blues und seinen Pattern leiten, die schließlich auch das Fundament der Rockmusik bildeten.
Auf “Things To Come” spiegelt sich das bereits in der Auswahl des Repertoires wider. Die Vorlagen stammen größtenteils von den Jazz-Säulenheiligen der Post-Swing-Ära: Monk, Dizzy, Miles, Coltrane und Ornette. Dazu noch Stücke aus den 1960ern von Gitarrist Kenny Burrell und Tenorsaxofonist Eddie Harris sowie Neal Heftis “Girl Talk”. Lediglich Ray Nobles “Cherokee” datiert noch aus der Swing-Ära. Interpretiert werden all diese Songs von Regener Pappik Busch mit vielen Haken und Ösen, Witz und sprödem Charme. Bereits die Besetzung des Trios – mit Trompete, Klavier und Schlagzeug – fällt aus dem Rahmen, auch dem des gängigen Jazz. Jeder der drei Musiker setzt auf seine Weise Akzente: Sven Regener mit bluesigen Trompetentönen, die mal rau und kraftvoll, dann wieder zart und melancholisch sind; Richard Pappik mit seinem in der Rockmusik grundierten, immer etwas exzentrischen Schlagzeugspiel; und Ekki Busch mit wunderbar einfallsreichen Soli und subtiler Begleitung am Klavier.
“Das Gute an dem Konzept ist ja, dass wir Stücke spielen, die andere geschrieben haben, die vielleicht auch schon tausende Male aufgenommen wurden, aber wir spielen sie mit unserem Sound, auf unsere Art, mit unseren Mitteln”, sagt Sven Regener. “Wir improvisieren dazu auf unsere Art, wir fügen unseren Weg hinzu. Das ist ein sehr interessanter Ansatz.
Im Grunde genommen so was wie ‘James Last’, nur ganz anders. Wir sind ein sehr rustikales Trio. Trios haben die Eigenschaft, sehr direkt zu sein. Man hört alle drei Instrumente sehr laut. Niemand kann sich hinter etwas anderem verstecken. Das macht auch die Plattenaufnahmen so interessant, denn man kann nichts kaschieren, und wir stehen auch drauf, Ecken und Kanten in der Musik drin zu behalten. Uns geht es darum, eine sehr direkte, fast grobe Form von Jazzmusik zu machen, die direkt aufs Herz und auf die Ohren zielt. Das ist unsere Art. Eigentlich ein sehr punkiger Ansatz.”
In Anlehnung an Duke Ellington könnte man also sagen: “It Does Mean A Thing (Even If It Ain’t Got That Swing)”. Und wer damit leben kann, wird an diesem Album seine helle Freude haben.