Ryuichi Sakamoto | News | Ryuichi Sakamoto - Schwarzweiße Magie mit grüner Note

Ryuichi Sakamoto – Schwarzweiße Magie mit grüner Note

Ryuichi Sakamoto
Ryuichi Sakamoto© Kazunali Tajima
07.10.2009
Nicht selten sind die einfachsten Dinge die schönsten, bewegendsten. So auch hier. Ryuichi Sakamoto, der auf eine außergewöhnlich vielseitige Musikkarriere zurückblicken kann, besinnt sich auf seinem neuen Album auf das Instrument aller Instrumente, das Klavier, und die Grundlage aller Musik, die Melodie – und zielt damit direkt ins Herz seiner Hörer. Für “Playing The Piano” hat der Japaner die bekanntesten und ergreifendsten Songs, die er in mehr als drei Jahrzehnten für das Kino und eigene Alben komponierte, solo noch einmal neu eingespielt. Das Resultat ist pure schwarzweiße Magie von einem der eklektizistischen Künstler unserer Zeit!
Seit 1979 nahm der kreative Workaholic aus Tokio mehr als achtzig eigene Alben und EPs auf und wirkte sicherlich auf noch einmal gut doppelt so vielen Alben anderer Künstler (darunter David Sylvian, David Byrne, Beach-Boy Brian Wilson, Thomas Dolby, Iggy Pop und Arto Lindsay) mit, ohne dabei zum musikalischen Dutzendwaren-Fabrikanten zu verkommen. Davor schütze ihn schon seine angeborene Experimentierfreude, die ihn immer wieder dazu verleitete, sich mit neuen Stilen und Trends sowie anderen Kulturen auseinanderzusetzen. Mal präsentierte er sich als einfühlsamer Pianist im Jazz-, Bossa- oder Klassikbereich, mal als kühner Avantgardist oder Kollaborateur von progressiven Popmusikern. Und als Mitglied des Yellow Magic Orchestra war er Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre einer der Pioniere des Elektro-Pop. Seine ungemein einprägsamen Musiken kennen die meisten aber wohl aus Filmen von Regiegrößen wie Bernardo Bertolucci, Oliver Stone, Pedro Almodóvar oder Brian DePalma, für die Sakamoto zahlreiche Soundtracks schrieb und aufnahm.
Auf “Playing The Piano” lässt der 57jährige seine brillante Karriere nun noch einmal Revue passieren. Im Repertoire findet man unter anderem das Titelstück von Sakamotos 1979 erschienenem Solodebütalbum “Thousand Knives”, “Amore” vom 1990er Album “Beauty”, die Titelstücke der Soundtracks zu den beiden Bertolucci-Filmen “Himmel über der Wüste” und “Der letzte Kaiser” und natürlich den Song “Merry Christmas, Mr. Lawrence” aus dem gleichnamigen Film von Nagisa Ōshima, in dem Ryuichi Sakamoto an der Seite David Bowies sogar eine Hauptrolle spielte.
Getreu dem Motto “weniger ist mehr” reduzierte er diese Stücke auf ihre Essenz: die Melodien, die selbst wenn sie einst eigentlich zur Untermalung von Filmszenen konzipiert wurden, auch ohne visuelle Unterstützung ihre volle Wirkung entfalten. Diese Motive umspielt und variiert er mal in geradezu minimalistischer Weise, mal mit improvisatorischem Furor. Dabei entdeckt der kundige Hörer auch immer wieder Anklänge an die Musik von modernen Klassikern wie Claude Debussy und Erik Satie, europäischen Filmkomponisten wie Ennio Morricone und Francis Lai oder auch Bossa-Nova-Vater Antônio Carlos Jobim.

Aber Sakamoto geht es längst um mehr als nur Musik. Die Special Edition seines Albums erweitert das traumverloren schöne Klavierwerk um ein ganzes zusätzliches Album, auf dem Sakamoto auch elektronische Hilfsmittel und Klangsamples verwendet: “Out Of Noise”. Dieses zweite Album entfernt sich auf leisen Pfoten vom Schönklang des Hauptwerks und offenbart eine Facette, die dem Künstler in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist: die des sozialen und politischen Kommentators. Sakamoto ist aktiver Unterstützer der More Trees Foundation (www.more-trees.org), seine gerade laufende Welttournee ist, so heißt es, CO2-neutral, da der Künstler für alle anfallenden Emissionen Bäume pflanzen lässt. “Out Of Noise” erweitert “Playing The Piano” also nicht nur musikalisch in Richtung moderne Klassik, Minimalismus und Elektronik, sondern bezieht auch in seinen Subtexten Stellung. Im Titel “Glacier” hört man beispielsweise die tatsächlichen Geräusche eines schmelzenden Eisbergs. Das Stück ist so nicht nur ein Musikexperiment, sondern auch eine inhaltliche Meditation über das Thema Erderwärmung. Zur schwarzweißen Magie von “Playing The Piano” gesellt sich auf diese Weise also auch noch eine grüne Note.

Mehr Informationen zu Ryuichi Sakamoto finden Sie auf seiner Künstlerseite.