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Savina Yannatou & Primavera En Salonico – Sumiglia

11.03.2005
“Sumiglia” ist das erste Studioalbum der griechischen Sängerin Savina Yannatou, das unter der Regie Manfred Eichers für ECM aufgenommen wurde. Anders als auf ihrem 2001 live mitgeschnittenen und Anfang 2003 erschienenen ECM-Debüt “Terra Nostra”, das musikalische Einflüsse aus aller Welt vereinte, konzentriert sie sich diesmal auf die traditionellen Klänge der “näheren” Umgebung. Für “Sumiglia” wählte die griechische Künstlerin Lieder aus ihrer Heimat, aus Korsika, Italien, Galizien, Albanien, Bulgarien, Armenien, Moldawien und der Ukraine.
Dabei macht sie zum einen die Unterschiede zwischen den verschiedenen musikalischen Traditionen deutlich, unterstreicht zum anderen aber auch deren Gemeinsamkeiten. Die Musiker ihrer Band Primavera en Salonico beweisen ihr phänomenales Einfühlungsvermögen und behandeln die Melodien mit allem Respekt, wagen sich aber auch unerschrocken immer wieder aufs weite Feld der freien Improvisation hinaus.

“Sumiglia” ist in gesanglicher und linguistischer Hinsicht eine wahre Tour de force. Savina Yannatou verfügt über eine Stimme, die stets wie ein natürliches expressives Instrument wirkt, schlüpft aber in den Songs – wie eine Schauspielerin oder Opernsängerin – mit verblüffender Mühelosigkeit in verschiedene Rollen und Charaktere oder wechselt im Fluge die Dialekte und Sprachen. So wird sie zur Protagonistin ihrer Songs: z.B. das Waisenkind in “Porondos viz partjan”, die leidende Verliebte in “Sta kala lu serenu”, die kriegsmüde Erzählerin in “Terra can nun senti” oder die griechische Braut in “Evga mana mou”. “Yannatou ist ein Chamäleon”, schwärmte der Journalist John Slavin in dem australischen Magazin The Age. “Sie ist verspielt und sexy und reichlich mit musikalischer Intelligenz gesegnet. Eine erstaunliche Künstlerin.”

Die Band, die von Kostas Vomvolos mit sehr offen gehaltenen Arrangements versorgt wird, versteht es, mit Yannatous quecksilbrigen Stimmungswechseln Schritt zu halten. Auf “Sumiglia” kann das Ensemble auch das gesamte Spektrum seines einzigartigen Instrumentariums ausschöpfen.

Ein griechischer Kritiker schrieb einst: “Savina Yannatou und die Musiker von Primavera en Salonico sind Seiltänzer auf dem Band, das die modale Musik des Ostens mit der entsprechenden Musik Westeuropas, der Musik des Mittelalters und den populären Polyphonien des Mittelmeerraums verbindet. Ausgehend vom melismatischen Reichtum der östlichen Maqam-Skalen und den charmant irregulären Rhythmen der persischen Musik, erkunden sie das Territorium der freien Kollektivimprovisation und treffen dort den modernen Jazz.” Tatsächlich haben einige der Musiker einen Jazz-Background. Traditionelle Jazzinstrumente sind bei der Einspielung von “Sumiglia” dennoch kaum zum Einsatz gekommen.

Die gebürtige Athenerin Savina Yannatou studierte am Nationalkonservatorium und in Spiros Sakkas Workshop für Gesangskunst in Athen. Dank eines Stipendiums der Mousigetis-Stiftung konnte sie außerdem die etablierte Guildhall School of Music and Drama in London besuchen.

Aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Komponisten Manos Hadjidakis setzte sich Savina Yannatou früh mit moderner Musik auseinander. Auch auf den Gebieten der Barock- und Renaissancemusik sammelte die mittlerweile 45jährige Künstlerin schon Erfahrungen. Anfang der 90er Jahre begann sie dann mit der freien Improvisation zu experimentieren und unterhielt ein gleichberechtigtes Trio mit dem deutschen Bassisten Peter Kowald und dem griechischen Klarinettisten und Saxophonisten Floros Floridis.

Seit 1993 tritt Yannatou nun schon mit Primavera en Salonico auf, einem Kollektiv von in Thessaloniki beheimateten Musikern. Das Ensemble wurde eigentlich nur zusammengestellt, um ein Album mit sephardischen Volksliedern einzuspielen, nahm aber in den kommenden Jahren noch drei weitere Alben für das griechische Label Lyra auf. Lyra wiederum vertreibt in Griechenland den ECM-Katalog. Savina Yannatou beschränkte sich aber keineswegs auf die symbiotische Zusammenarbeit mit Primavera en Salonico und Soloalben (seit 1979 insgesamt zwanzig!) unter ihrem Namen, sondern komponierte auch Musik für Theaterproduktionen, Videokünstler und Tanzensembles.

Auch die einzelnen Bandmitglieder von Primavera en Salonico verfügen über enorm viel und vielseitige musikalische Erfahrungen: das Spektrum reicht hier von der traditionellen griechischen Musik über moderne Kompositionen bis hin zu Jazz und improvisierter Musik. Violinist Kyriakos Gouventas begleitete z.B. schon etliche der großen Volkssänger Griechenlands und ist auch Mitglied des aus Thessaloniki stammenden Ensemble of Traditional Music sowie der bekannten Rembetika-Gruppe Tombourlika. In letzterer wirkt auch Oud-Spieler Yannis Alexandris mit, der nicht nur ein hochgeachteter Instrumentalist ist, sondern auch einen ausgezeichneten Ruf als Instrumentenbauer (Bouzoukis, Baglamas, Lauten, Tambouras, etc.) genießt. Bassist Michaelis Siganidis ist ansonsten vor allem in der griechischen Jazz- und Improvisationsszene zuhause und spielte u.a. schon mit Sakis Papadimitriou, hat aber auch eine Reputation als Poet und Songwriter. Ney-Spieler Haris Lambrakis – mit 28 Jahren das jüngste Bandmitglied – spielt sowohl in traditionellen wie zeitgenössischen Ensembles mit. Perkussionist Kostas Theodorou ist ein Multiinstrumentalist, der seine Karriere als Bassist begann. Er arbeitete u.a. schon mit dem bulgarischen Kaval-Spieler Theodossij Spassov und kombiniert die Rhythmen seiner Heimat Griechenland mit denen der Nachbarländer. Theodorou bezeichnet sich selbst als “Avantgarde-Volksmusiker”. All diesen Talenten steht als musikalischer Leiter von Primavera en Salonico Kostos Vomvolos vor. Von ihm stammen auch die meisten Arrangements und Adaptionen. Vomvolos ist in Griechenland zudem als Komponist von Theatermusik bestens bekannt. Auf “Sumiglia” spielt er Akkordeon, Qanun (ein zitherähnliches arabisches Saitennstrument) und das afrikanische Daumenpiano Kalimba.