“Jedesmal, wenn ich ein neues Album mache, ist es für mich auch ein neues Abenteuer”, behauptet der in Los Angeles lebende Sérgio Mendes. “Meine Hauptmotivation ist wunderbare Songs aufzunehmen. Dabei macht es mir Spaß, die Welt mit der Vielfältigkeit der brasilianischen Musik vertraut zu machen – sowohl mit der Reichtum der brasilianischen Rhythmen als auch mit der Vielfalt der brasilianischen Melodien.”
“Diesmal wollte ich unbedingt dahin zurückkehren, wo für mich alles begonnen hatte”, fährt Mendes fort. “Also beschloß ich, diese Reise in meiner Heimat Brasilien zu starten. Ich besuchte Bahia und Rio, um eine Reihe alter Freunde zu treffen, mit denen ich schon eine ganze Weile nicht mehr gespielt hatte. In Brasilien gibt es ein sehr spezielles musikalisch kreatives Umfeld, das mich unglaublich inspiriert.”
Als in den späten 50er und frühen 60er Jahren die Bossa Nova entstand und ihre Blütezeit hatte, lebte Mendes noch in Brasilien. Tatsächlich war er damals neben Antônio Carlos Jobim, João Gilberto und Vinícius de Moraes sogar einer der ersten Musiker, die sich diesem neuen Genre verschrieben hatten.
Um seinem Ziel, zu den Ursprüngen zurückzukehren, gerecht zu werden, nahm Mendes für “Encanto” vier der erfolgreichsten Kompositionen Jobims neu auf: das muntere “Água de beber” präsentiert er hier in einer vom HipHop inspirierten Version – die Gitarre spielt der fantastische Toninho Horta, den Gesang steuerte Sérgios Frau Gracinha Leporace bei und der Meister selbst brilliert mit einem bezaubernden Fender-Rhodes-Solo; “Waters Of March” (Originaltitel: “Águas de Março”) wird von der hochtalentierten NeoSoul-Diva Ledisi gesungen; “Somewhere In The Hills” (“O morro não tem vez”) featuret wiederum die große
Natalie Cole und
Till Brönner; und in “Dreamer” (“Vivo sonhando”) ist erstmals Sérgios früherer Mentor, der Trompeter Herb Alpert, mit einem Solo zu hören. Auf Alperts Label A&M hatte Mendes in den 60er und 70er Jahren seine größten Erfolge veröffentlicht. Und die Sängerin seiner Band Brasil ’66 war Alperts Ehefrau Lani Hall gewesen, die in “Dreamer” nun auch an der Seite ihres trompetenden Mannes zu hören ist.
Aber das aufregendste Cover des ganzen Albums ist wohl die neue Version von Burt Bacharachs Klassiker “The Look Of Love”, den Mendes 1967 schon einmal in eine Bossa Nova verwandelt hatte. Das Stück war seinerzeit der größte Hit für Brasil ’66. In der von will.i.am produzierten neuen Version wurde die betörende Melodie des Originals zwar intakt gelassen, aber raffiniert einer Rundum-Modernisierung unterzogen: die originale Baßlinien-Intro von Sérgio wurde mit frischen Drum-Programm-Beats unterlegt, über die will.i.ams Black-Eyed-Peas-Kollegin Fergie wiederum sehr sexy rapt und singt.
“Ich unterhielt mich mit Will lange über ‘The Look Of Love’. Ich suchte nach einem neuen Ansatz für das Stück und wollte einen Dance-Beat verwenden, den ich in Brasilien gehört hatte und der mir wie geschaffen schien für diesen Song. Will war gleich begeistert und schlug Fergie als Sängerin vor. Für ‘Timeless’ hatten wir zusammen ‘Mas que nada’ überarbeitet und der Nummer einen neuen, anderen Anstrich verpaßt. Unsere Version wurde ein internationaler Hit. Diesmal wagten wir uns also an ‘The Look Of Love’, vierzig Jahre nach meiner ersten Aufnahme des Songs.”
Will.i.ams Enthusiasmus sollte einen nicht überraschen. Der in Los Angeles aufgewachsene Musiker und Produzent sammelte die Original-Vinyl-Ausgaben von Mendes' Bossa-Nova-Klassikern. Und die sanfte pan-lateinamerikanische Musik dieser Alben hat auch merklich einen Einfluß auf will.i.ams eigene Arbeiten ausgeübt. Dieser Einfluß zeigt sich sowohl in den raffinierten Arrangements, die will.i.am für die Black Eyed Peas geschrieben hat, als auch in der Produktionsweise. Durch die Zusammenarbeit mit
Sérgio Mendes ging für will.i.am ein Traum in Erfüllung.
“Nachdem wir ‘Timeless’ fertiggestellt hatten, ließ Will nicht locker und fragte mich immer wieder: ‘Wann beginnen wir endlich mit der Arbeit an Album Numero 2?’”, erinnert sich Mendes mit breitem Grinsen. “Mir macht es ungeheuer viel Spaß mit ihm zusammenzuarbeiten, weil er ein musikalisches Universum schafft, das absolut einzigartig ist. Ich war der Meinung, daß ich ihn diesmal nach Brasilien mitnehmen müßte – zurück zu den Wurzeln. Er mußte einfach die Sambaschulen in Rio besuchen und Carlinhos Brown kennenlernen – die beiden schrieben schließlich zusammen eine Nummer für dieses Album.”
Wirkliche Sérgio-Mendes-Aficionados wissen natürlich, daß Carlinhos Brown einer der maßgeblichen Song-Lieferanten des 1992 veröffentlichten Mendes-Albums “Brasileiro” war, auf dem der Keyboarder mit den neuen Rhythmen und Klängen Bahias experimentiert hatte. Brown ist ein virtuoser Perkussionist, Sänger und Songschreiber, der für seine funky Songstrukturen bekannt ist. Die Perkussion spielt in seiner Musik eine entscheidende Rolle und klingt paradoxerweise zugleich massiv und filigran. Das Stück “Funky Bahia”, das Brown gemeinsam mit will.i.am für diese CD schrieb, ist eine perfekte Mischung aus amerikanischem Mainstream-Pop und brasilianischer Leichtigkeit – und es ist genau die Sorte interkultureller Fusionmusik, die der Jazzliebhaber Mendes immer schon präferierte. Gesungen wird die Nummer von will.i.am und Siedah Garrett, einer ehemaligen Mendes-Elevin, die Mitte der 80er Jahre Mitglied von dessen Band war und schon auf einigen seiner Alben zu hören war. An der Einspielung von “Funky Bahia” (und einigen anderen Stücken des Albums) waren auch noch zwei Musiker beteiligt, die schon seit langem zu den Mitarbeitern und Freunden von Sérgio Mendes zählen: der Gitarrist Paul Jackson Jr. und der legendäre Bassist Alphonso Johnson. Auch Mike Shapiro, der seit zwanzig Jahren als Schlagzeuger in den Bands von Mendes mitspielt, und die beiden Percussion spielenden Brüder Meia Noite und Gibi kamen auf dem neuen Album mehrfach zum Zuge.
“Ich habe immer davon geträumt, einmal ein Album mit Gastmusikern aus unterschiedlichen Kulturen zu machen. Alle sollten in ihrer Muttersprache singen, um auf diese Weise zu zeigen, wieviel Kraft und Magie die brasilianischen Melodien besitzen”, erläutert Mendes. So steuerte Zap Mama eine französische Version von “Águas de Março” (“Les eaux de mars”) bei, während der italienische Rapper Jovanotti in “Lugar comum” seinen Auftritt hat. Der Kolumbianer Juanes singt in Spanisch ein neues Lied, das die brasilianische Sängerin und Gitarristin Joyce gemeinsam mit dem legendären João Donato komponiert hat: “Y vamos ya” (“E vamos lá”).
“Von Juanes habe ich das erste Mal vor ein paar Jahren gehört. Seine Stimme fand ich einfach wunderbar”, meint Mendes. “Ich bin glücklich, daß ich ihn für dieses Projekt als Gastvokalisten gewinnen konnte.” Die zeitgenössische Szene Brasiliens vertritt auf “Encanto” schließlich die junge Sängerin und Songschreiberin Vanessa da Mata. Ihr gemeinsam mit Ben Harper geschriebener und im Duett aufgenommener Song “Boa sorte / Good Luck” war weltweit ein großer Hit. Auf “Encanto” singt sie das Stück “Acode”, das sie zusammen mit Sérgio Mendes geschrieben hat.
Tatsächlich gibt es ein Element, das allen Songs von “Encanto” gemein ist: und das ist Freude, die man aus den Stimmen aller Mendes-Mitarbeiter(innen) heraushören kann. Egal, woher sie stammen und welche Art von Musik sie ansonsten machen, alle waren hellauf davon begeistert, mit dem Maestro diese Platte zu machen. Und dies sagt eigentlich schon alles über die Zeitlosigkeit von
Sérgio Mendes einzigartigem Stil.
“In der brasilianischen Musik gibt es eine einzigartige Sinnlichkeit”, meint Sérgio Mendes abschließend. “Die Melodien gehen leicht ins Ohr, die Rhythmen sind ansteckend, das Songwriting ist erstklassig und die Harmonien sind wundervoll. Und die Musik klingt einfach immer frisch.” All dies trifft natürlich auch voll und ganz auf die Musik von “Encanto” zu.
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