Das Jahr von Blue Notes 75. Jubiläum ist zwar schon ausgeklungen, aber die Reihe “
Back To Blue”, in der insgesamt 100 essentielle Jazzalben aus dem Katalog des Labels auf
Vinyl wiederveröffentlicht werden, wird wie versprochen fortgesetzt. Jeden Monat erscheinen fünf dieser Alben auf
180 Gramm schwerem,
audiophilem Vinyl; vorwiegend historische Aufnahmen, aber auch ein paar jüngere Werke, die sich noch auf dem Weg befinden, zu Klassikern zu reifen. Diesmal stehen
Wayne Shorters “
Night Dreamer”,
Freddie Hubbards “
Blue Spirits”,
Kurt Ellings “
Flirting With Twilight”,
Grachan Moncurs “
Evolution” und
Sonny Rollins’ “
Volume 1” auf dem Programm.
Wayne Shorter – Night Dreamer
1964 war für den Saxophonisten
Wayne Shorter ein Jahr großer Umbrüche. Zum einen verließ er
Art Blakeys Jazz Messengers, um beim stilistisch moderneren Quintett von
Miles Davis einzusteigen. Zum anderen legte er mit “
Night Dreamer” sein erstes Album bei
Blue Note vor, auf dem er als Komponist neue Wege beschritt. Während er früher sehr detailreiche Stücke geschrieben hatte, fand er nun zu einem einfacheren Ansatz: “Ich war es zum Beispiel gewohnt, viele Akkordwechsel zu verwenden”, sagte er damals. “Aber jetzt verstehe ich es, die Spreu vom Weizen trennen.” Begleitet wurde Shorter von Trompeter Lee Morgan und derselben Rhythmusgruppe, die 1961
John Coltrane bei der Aufnahme von “
Africa/Brass” zur Seite gestanden hatte:
McCoy Tyner,
Reggie Workman und
Elvin Jones.
Freddie Hubbard – Blue Spirits
Auf seinem letzten Studioalbum für Blue Note präsentierte Trompeter Freddie Hubbard 1965 fünf eigene Originale, die ihn vor allem in seiner Funktion als Komponist ins Licht rücken sollten. Es ist, wie er betonte, durchweg spirituelle Musik, aber nicht in einem religiösen Sinne. Das Spektrum reichte von Stücken mit lateinamerikanischem Einschlag bis hin zu einer fast lupenreinen Hardbop-Nummer. Aufgenommen wurde “Blue Spirits” mit zwei unterschiedlichen größeren Ensembles, in denen sich als Solisten neben Hubbard noch die Saxophonisten Joe Henderson, James Spaulding und Hank Mobley, Euphoniumspieler Kiane Zawadi sowie die Pianisten Harold Mabern und McCoy Tyner hervortaten.
Kurt Elling – Flirting With Twilight
An Originalitätsmangel hat der Sänger
Kurt Elling nie gelitten. Aber ein Balladenalbum wie “
Flirting With Twilight” mit einer Vocalese-Interpretation eines Basssolos von
Charlie Haden zu eröffnen… das macht ihm so schnell wohl keiner nach. Auch auf dem Rest des 2001 erschienenen Albums beweist Elling nicht nur großes technisches Können und überbordende Musikalität, sondern auch eine Menge Chuzpe und unglaubliche Phantasie. Es ist ungemein faszinierend, wie er es immer wieder schafft, sattsam bekannte Jazzstandards völlig neu und frisch klingen zu lassen.
Grachan Moncur III – Evolution
Für einen Musiker, der seit über 55 Jahren aktiv ist und mit Größen wie
Ray Charles, Sonny Rollins,
Herbie Hancock und
Cassandra Wilson arbeitete, weist
Grachan Moncur III ein geradezu erschreckend mageres Œuvre an eigenen Alben auf. Man kann sie an den Fingern zweier Hände abzählen. Um so kostbarer dürfte für alle Jazzfans sein 1963 bei Blue Note erschienenes erstes Soloalbum sein, auf dem der Posaunist fünf sehr originelle Eigenkompositionen vorstellte, darunter das inspirierte “Monk In Wonderland”. Aufgenommen wurde “
Evolution” mit einer luxuriösen All-Star-Band, bestehend aus Trompeter
Lee Morgan, Altsaxophonist
Jackie McLean, Vibraphonist Bobby Hutcherson, Bassist Bob Cranshaw und Drummer Tony Williams.
Sonny Rollins – Volume 1
Auch
Sonny Rollins nahm sein erstes Album für Blue Note im Dezember 1956 mit einer Handvoll prominenter Partner auf: Trompeter
Donald Byrd, Pianist
Wynton Kelly, Bassist
Gene Ramey und Schlagzeuger
Max Roach. Das Repertoire bestand mit “Decision”, “Bluesnote”, “Plain Jane” und “Sonnysphere” aus weniger bekannten Kompositionen des Tenorsaxophonisten, in denen Rollins aber mit gewohnt atemberaubenden Soli glänzte. Und wie so oft überraschte Sonny mit einer eigenwilligen Interpretation einer Broadway-Musical-Nummer: in diesem Fall der Ballade “How Are Things In Glocca Mora?” aus “Finian’s Rainbow”.