Selten zuvor wurde die raue Energie des Punk-Rock mit jazzigen Improvisationen und funkigen Grooves so brillant und atemberaubend in Szene gesetzt wie auf dem Album “The Messthetics And James Brandon Lewis”.
The Messthetics(c) Shervin Lainez
15.03.2024
Seit 2016 stellen die Musiker des experimentierfreudigen Instrumentaltrios The Messthetics die Fachpresse schon vor das Rätsel, wo sie ihre Musik stilistisch einordnen soll. Der Orlando Weekly aus Florida verpasste ihr vor ein paar Jahren das Etikett “Jazz-Punk-Jam”, das im Grunde recht gut den musikalischen Background der drei Gründungsmitglieder widerspiegelt. Denn Bassist Joe Lally und Schlagzeuger Brendan Canty bildeten in Washington D.C. einst den rhythmischen Motor der progressiven Post-Hardcore-Band Fugazi. Gitarrist Anthony Pirogi wiederum studierte zwar Jazzgitarre am Berklee College, scheint aber stilistisch überhaupt keine Grenzen zu kennen. Pitchfork beschrieb das Trio einmal als “eine Band, die den Lärm der Außenwelt ausblendet, indem sie ihren eigenen macht. Aber bei aller Gitarrenakrobatik und rhythmischen Wildheit, die sie an den Tag legen, bieten die Messthetics auch einige wunderbar meditative Momente.”
Das war schon so auf ersten beiden aufregenden Alben, die sie auf dem Discord-Label ihres ehemaligen Fugazi-Kollegen Ian MacKaye veröffentlicht haben. Und das trifft noch sehr viel mehr auf ihr neues Album “The Messthetics And James Brandon Lewis” zu, mit dem sie nun bei Impulse! Records gelandet sind. Als vierter Mann – der Titel des Albums verrät es bereits – ist diesmal der New Yorker Tenorsaxofonist James Brandon Lewis mit von der Partie, der der ohnehin schon vielschichtigen Musik der Messthetics hier eine weitere Dimension verleiht. In seinem leidenschaftlichen Spiel verbindet Lewis die emotionale Kraft des Gospels mit dem Groove von Blues und Rhythm’n’Blues sowie den modalen, avantgardistischen und spirituellen Einflüssen von Albert Ayler und John Coltrane.
Gemeinsam erweitert das Quartett auf dem Album die Grenzen instrumentaler Musik durch ungewöhnliche Überschneidungen von Jazz, Punk, Ambient-Musik, Reggae und Funk. Und manchmal gelingt es ihnen sogar, Erinnerungen an einen absoluten Klassiker des Proto-Punk zu wecken: das 1970 erschienene Album “Fun House”, auf dem die Stooges bei drei atemberaubenden Tracks mit dem Free-Jazz-Saxophonisten Steve Mackay zusammenspielten. Das Ergebnis etikettierte die Presse damals als “Punk Jazz”. Wer weiß, vielleicht können die Messthetics und James Brandon Lewis für ihre nächste Begegnung ja noch den ehemaligen Stooges-Frontmann Iggy Pop als fünften Mann dazugewinnen?