Auf seinem neuen Album singt und spielt Till Brönner Musik von Bach bis zu The Killers. Inspiration für die Auswahl kam von Johnny Cash.
Text: Ralf Niemczyk | Foto: Till Brönner
Bevor Till Brönner auf sein neues Album „At The End Of The Day“ zu sprechen kommt, unternimmt er einen kleinen Exkurs. Er erzählt von einem Konzert auf dem Leipziger Mediencampus im April 2010, wo er sich zu einem Duett mit dem Percussionisten Günther Baby Sommer getroffen hatte. Ein pures Schlagzeug-Trompeten-Treffen im Geiste von Max Roach und Dizzy Gillespie. Ein Soundclash der Jazzspezialisten. Sozusagen der innere Kern seiner Musik, dem er sich weiterhin mit Freude widmet. Doch seine Perspektive reicht weiter.
Und dazu gehört wie selbstverständlich auch Pop, Rock und das Gefühl für zeitlose Sounds. „Recognizable“ ist der Begriff dazu, den Brönner einmal bei Johnny Cash aufgeschnappt hat. Diese Wiedererkennbarkeit oder auch Lesbarkeit ist ihm durchaus wichtig. Nach diesem Kriterium hat er, der hochdekorierte Jazzer, die Bibliothek der populären Musik durchstöbert.
Er stieß dabei auf Bach, Beatles, Bowie und The Killers. Eine vielseitige Übung, bei der drei Dutzend Songs gespielt, geprüft und bearbeitet worden sind: „Da-raus ist eine Sammlung entstanden, die kunterbunter nicht hätte sein können. Faszinations-Fundstücke aus meinem Leben, die ich letztlich danach ausgewählt habe, welche Möglichkeiten sie mir für den eigenen Ausdruck bieten.“ Die zwölf besten davon hat er – als Trompeter und Sänger in Personalunion – in seinem Sinne interpretiert.
Auf musikhistorische Zusammenhänge hat Brönner dabei ganz bewusst verzichtet. „Space Oddity“ von Bowie steht genauso als eigenständiges Statement, wie es keine inhaltliche Brücke zwischen „Human“ von The Killers und „Human“ der britischen New-Wave-Band Human League gibt. Seine Trompete führt „Air“ aus der Dritten Orchestersuite von Johann Sebastian Bach in andere Sphären. Er durchkreuzt freischwebend ein Pop-Universum, bei dem die Beatles der frühen 60er auf das amerikanische 70er-Duo Seals & Crofts („Summer Breeze“) treffen.
„Wir haben uns bewusst mit einer kompletten Liveband für zwei Wochen ins Planet-Roc-Studio zurückgezogen“, erzählt Brönner. „Dort, im alten DDR-Funkhaus, gibt es große, hohe Räume, in denen die alten, analogen Instrumente optimal zur Geltung kommen konnten. Diese organische Stimmung beim Aufnahmeprozess war mir sehr wichtig. Im Anschluss habe ich mit langjährigen musikalischen Freunden auf der ganzen Welt an den Titeln weiter gearbeitet. Für die Streicher-Recordings sind wir zum Beispiel in Los Angeles ins legendäre Capitol Studio gegangen. Die Holzbläser wurden in Stockholm aufgenommen.“
Hinter den Reglern saß erstmals der Produzent Andreas Herbig, der bislang ganz unterschiedliche Projekte mit Udo Lindenberg, A-Ha oder Ich + Ich betreut hat. Ein inspirierender Arbeitsprozess, bei dem es keineswegs darum gehen sollte, den Arrangements einen bestimmten (Pop-)Sound zu verordnen. Es war eher ein Austausch von Erfahrung und Stilgefühl, bei dem sich Brönner einem Herzensthema widmen konnte: der Zeitlosigkeit.