Brian Newman – Lada-Gaga-Trompeter drückt auf die Tube
Mit seinem energetischen Verve-Debüt “Showboat” zeigt Trompeter Brian Newman was er kann. Hilfe erhält er dabei von seiner “Chefin” Lady Gaga.
Brian NewmanJosh Cheuse
15.11.2018
Brian Newman hat zweifellos ein Faible für alles Klassische und Nostalgische. Das macht bereits ein Blick auf das Cover seines Verve-Debütalbums “Showboat” deutlich, auf dem er mit seiner Trompete stolz neben seinem liebevoll restaurierten Oldsmobile 98 posiert. Der Lowrider, nach dessen Namen das Album betitelt wurde, ist Jahrgang 1971 und damit ganze zehn Jahre älter als sein aus Cleveland/Ohio stammender Besitzer. “Auf dem Album geht es um mehr als nur den Namen meines Autos”, macht Brian Newman aber gleich klar, “es ist ein Wink in Richtung einer Ära, in der im wahrsten Sinne des Wortes alles groß war. Große Bands, große Autos und große Jackenaufschläge.”
Die ebenso großen Trompetenlegenden wie Satchmo, Dizzy, Miles, Brownie‚ Freddie Hubbard und Lee Morgan sind längst Grundpfeiler der amerikanischen Musikgeschichte und werden in der Jazzszene (und darüber hinaus) zu Recht verehrt. Von ihnen zu lernen, erklärt Newman, ist von größter Bedeutung. Aber sie zu imitieren, findet er sinnlos: “Ich will nicht das tun, was bereits getan wurde. Ich liebe auch Robert Glasper und Kamasi Washington – Typen wie sie heben den Jazz auf ein neues Level, verweisen aber immer auch auf die Tradition. Man sollte dem Jazz keine Glashaube überstülpen.”
Obwohl er Glasper und Washington lobend als Vorbilder erwähnt, hat Newman selbst doch einen ganz anderen Ansatz gewählt, um den Jazz aus den Zwängen der Tradition zu befreien. Er tut dies, indem er Jazzklassiker mit Stücken gänzlich anderer Genres kreuzt, die er allerdings so geschickt arrangiert hat, dass sie nahtlos ins Repertoire passen. Die eher traditionelle Jazzlinie repräsentieren auf “Showboat” Standards wie “You Don’t Know What Love Is” und “Pennies From Heaven”, Kenny Garretts “Brother Hubbard” und “One By One”, eine Nummer, die Wayne Shorter 1963 für Art Blakey’s Jazz Messengers geschrieben hat. Kombiniert werden sie mit raffinierten Interpretationen von Thin Lizzys “Dancing In The Moonlight”, die durch Dusty Springfield bekannte Blue-Eyed-Soul-Nummer “Spooky”, Tom Waits' “Jockey Full Of Bourbon”, Becks “Tropicalia” und Newmans selbst geschriebenen Opener “San Pedro”. Mit den agilen Musikern seiner langjährigen Band – Steve Kortyka (Saxophone & Flöten), Alex Smith (Piano & Keyboards), Daniel Foose (Bass), Paul Francis und Joe Peri (Drums & Percussion) – lässt Newman diese Pop- und Rock-Songs wahlweise wie Soul-Jazz, Salsa, Bossa oder eine veritable Jazzballade klingen.
Und dann gibt es da schließlich noch den Gastauftritt einer gewissen Lady Gaga. Newman und sie lernten sich 2003 in der mittlerweile nicht mehr existierenden Lower East Side-Institution St Jerome’s kennen, einer schmutzigen Rock’n'Roll-Bar. Brian jobbte dort damals als Bartender und Kellner, die spätere Lady Gaga als Gogo-Tänzerin, DJ und Partypromoterin. Als Gaga zum Weltstar aufstieg, vergaß sie ihren alten Freund nicht, sondern verpflichtete ihn regelmässig, sie bei Konzerten zu begleiten. Als sie dann 2014 mit Tony Bennett das über alle Maßen erfolgreiche Jazzalbum “Cheek To Cheek” aufnahm, holte sie Newman und sein Quartett ins Studio, um dem Album eine moderne Dynamik zu verleihen. Für “Showboat” revanchierte sich der Trompeter jetzt mit einer Gegeneinladung. Gaga ließ sich nicht zweimal bitten und interpretiert den Nina-Simone-Klassiker “Don’t Let Me Be Misunderstood” mit Stimme und Feeling.