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Dulce Pontes: spätes Bekenntnis zum Fado

Sängerin und Songschreiberin Dulce Pontes galt lange als Wandererin zwischen den Stilen. Auf ihrem neuen Album kehrt sie zu ihren portugiesischen Wurzeln zurück.
Dulce Pontes - Perfil
Dulce Pontes - Perfil
24.03.2022
Diese LP und weitere finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Mit ihrem Album “Perfil”, auf Deutsch “Profil”, möchte Dulce Pontes ein neues Kapitel in ihrer Karriere aufschlagen. Es ist ein spätes Bekenntnis zu ihren musikalischen Wurzeln sowie zu den Künstlern und Geschichten, die sie inspiriert haben. “Klanglich bewege ich mich hier hauptsächlich im Bereich des Fados”, sagt die Sängerin. “In gewisser Weise ist es mein persönlichstes Album, was ein bisschen widersprüchlich ist, weil ich eigentlich jahrelang vor dem Fado davongelaufen bin – ohne dabei wirklich vor ihm zu flüchten, denn live habe ich ihn immer gesungen, und auch auf Platten. Aber stets mit der Angst im Nacken, diesen Stempel aufgedrückt zu bekommen… Jetzt, wo ich schon 52 Jahre alt bin, könnte es sein, dass die Geschichte endlich gut ausgeht”, meint sie lachend.
Tatsächlich hat Dulce, seit sie in den 1990er Jahren die Musikwelt eroberte, sorgsam darauf geachtet, nicht in einer Schublade abgelegt zu werden. Weder in der des Fado noch in der eines anderen Stils. Ihre Flexibilität und “Globalität” bewies sie dabei u.a. durch Zusammenarbeiten mit so unterschiedlichen Partnern wie Caetano Veloso, Daniela Mercury, Wayne Shorter, Trilok Gurtu, Cesária Évora, Eleftheria Arvanitaki, Andrea Bocelli und Ennio Morricone. Doch nun soll die lange und etwas verschämte “Flucht” vor dem Fado auf ihrem achten Studioalbum “Perfil” ein Ende haben.
“Es gibt alles, von traditionellen Fados bis hin zu meinen eigenen musikalischen Kompositionen. Es sind vor allem Originale, obwohl ich nach wie vor noch nicht viel von mir als Komponistin halte”, gesteht sie mit unnötiger Bescheidenheit. “Aber ich beschwöre auch ein paar sehr alte Stücke herauf, die von verschiedenen Fadistas stammen, die mich beeinflusst haben und ein Teil von mir sind. Und ich stehe wie immer gerne auch mit einem Bein auf dem Boden der Folklore.”
Kurios ist, dass ausgerechnet ein heute in Madrid lebender kubanischer Musiker Dulce Pontes dazu bewegte, sich endlich vorbehaltslos zu diesem portugiesischsten aller portugiesischen Stile zu bekennen: der Bassist und Produzent Yelsy Heredia, der sich einen hervorragenden Namen in Latin-Jazz- und Flamenco-Kreisen gemacht hat. Für ein eigenes, noch nicht in die Tat umgesetztes Projekt hatte sich Yelsy ins Studium des Fados vertieft und sich historische Aufnahmen von legendären Fadistas wie Hermínia Silva, Celeste Rodrigues, Fernando Maurício und natürlich Amália Rodrigues angehört. Bei der Einspielung von “Perfil” sollte es vor allem darum gehen, authentisch zu sein und die Emotionen des Fado zu vermitteln. “Dulce ist ein echtes Juwel”, sagt der Kubaner. “Sie verfügt über ein Wissen, wie nur wenige es besitzen, und das hat sie großzügig mit mir geteilt. Ich fühle mich wirklich privilegiert.”
Zu den Höhepunkten des Albums gehören u.a. Dulces Fassung von “Soledad”, einem Stück, das zum Repertoire von Amália Rodrigues gehörte, von dieser aber nie im Studio aufgenommen worden war, und eine Kooperation mit dem Fado-Sänger Ricardo Ribeiro (der einst auf dem Album “Em Português” des Oud-Virtuosen Rabih Abou-Khalil mitwirkte) in “Valsa da Libertaçao”. Zur Fado-Puristin ist Dulce aber natürlich nicht gleich mutiert. Deutlich macht das z.B. ihre Interpretation des Klassikers “Amapola”. Die Nummer, vor 100 Jahren von dem Spanier José María Lacalle García komponiert, ist eines jener Stücke, deren Melodie so ziemlich jeder kennt, auch wenn wahrscheinlich nur wenige seinen Titel nennen könnten. Dulce Pontes ist in ihrer Muttersprache nun eine wahrlich unter die Haut gehende Version geglückt.