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Swingender Dreikäsehoch – Jazzwunderkind Joey Alexander

Joey Alexander - 2016
Joey Alexander - 2016
05.02.2016
My Favorite Things” hat Joey Alexander sein Debütalbum betitelt. Dass zu den “bevorzugten Dingen” eines zwölfjährigen Knirpses neben SpongeBob und dem Superheldenteam The Avengers auch Jazzstandards gehören, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Noch überraschender ist, dass der kleine Tastenvirtuose, der derzeit reihenweise die Jazzprominenz wie auch das normalsterbliche Publikum verzückt, aus Indonesien stammt. Aus einem Land also, das der internationalen Jazzszene bisher nur sehr bescheidene Impulse geben konnte. Oder sagen jemandem die Namen von Cas Alfonso, Andien, Indra Lesmana, Bill Saragih und Dira Sugandi etwas? Denn weitere Einträge findet man in der englischsprachigen Wikipedia in der Sparte “Indonesian jazz musicians” nicht. Am bekanntesten ist in Deutschland wohl noch der Perkussionist Nippy Noya, der immerhin einst mit Volker Kriegel und Peter Herbolzheimer arbeitete.
Doch nun hat Ausnahmetalent Joey Alexander seine Heimat Indonesien endlich auf die Landkarte des Jazz gesetzt. Und er könnte bald als der jüngste Solokünstler, der je einen Grammy gewonnen hat, in die Musikgeschichte eingehen. Diesen Titel hält derzeit noch die Country-Sängerin LeAnn Rimes, die vierzehn Jahre und 182 Tage alt war, als sie 1997 ihre ersten Grammys gewann. Sollte der zweifach nominierte Joey am 15. Februar einen Grammy gewinnen, wäre er gerade einmal zwölf Jahre und 235 Tage alt. Kein Wunder also, dass sich große Kollegen mit Lobeshymnen überbieten. “Er nimmt mir den Job weg”, fürchtet schon Herbie Hancock. Wynton Marsalis, der Joey über YouTube-Videos kennenlernte und ihn zu seinem ersten Auftritt nach New York holte, bezeichnete ihn auf seiner Facebook-Seite als seinen Helden. “Ich kenne niemanden, der in diesem Alter schon so spielen konnte”, meint der Trompeter, der selber kein Spätstarter war. “Ich liebe alles an seinem Spiel – seinen Rhythmus, sein Selbstvertrauen und sein Verständnis der Musik.” “Wenn das Wort ‘Genie’ noch eine Bedeutung hat, dann verdient dieses Wunderkind diese Bezeichnung”, bejubelt auch DownBeat den kleinen Pianisten. Und Impresario George Wein, der sich bisher beharrlich weigerte, Wunderkindern bei seinem Newport-Festival eine Bühne zu bieten, machte bei Joey Alexander eine Ausnahme. “Was ihn von vielen anderen jungen Musikern unterscheidet, ist seine harmonische Reife”, konstatiert Wein. “Sein Spiel ist sehr zeitgenössisch, offenbart aber auch einen Sinn für die Geschichte der Musik.”