Tubby Hayes – der kleine Gigant des britischen Jazz
Den “größten Jazzmusiker, von dem Sie noch nie gehört haben” nannte der britische Independent einst den Saxofonisten Tubby Hayes. Jetzt wurden dessen beste Aufnahmen auf einer LP versammelt.
Splonge! An Introduction To Tubby Hayes (LP)
11.04.2025
Klein, ein bisschen pummelig, mit roten Pausbacken… nein, wie ein kommender Jazzstar sah der 15-jährige Tubby Hayes ganz sicher nicht aus. Eher wie ein Metzgerjunge, der sich zufällig in einen Londoner Jazzclub verirrt hatte. Das muss auch Ronnie Scott gedacht haben, als Hayes 1950 zu ihm auf die Bühne stieg und fragte, ob er mitspielen dürfe. “Er schien nicht viel größer als sein Tenorsaxofon”, erinnerte sich Scott viele Jahre später. “Ziemlich herablassend schlug ich eine Nummer vor. Er legte los und erschreckte mich zu Tode. Er war wirklich phänomenal, und das schon in diesem Alter.”
Und er sollte noch viel besser werden. Die rasante musikalische Entwicklung von Tubby Hayes ist vor allem auf den Alben dokumentiert, die er zwischen 1961 und 1969 für das britische Fontana-Label einspielte. Ein jähes Ende fand die glanzvolle Karriere 1973, als Hayes, der von seinen Kollegen bewundernd “the little giant” genannt wurde, im Alter von nur 38 Jahren bei einer Herzoperation starb. Anlässlich seines 90. Geburtstags erscheint nun auf Vinyl die Compilation “Splonge! An Introduction To Tubby Hayes” mit den besten und wichtigsten Aufnahmen des “vergessenen Genies des britischen Jazz” (The Independent).
Zusammengestellt wurde die Songauswahl von dem Filmemacher und Autor Mark Baxter, der 2016 Leben und Wirken des Saxofonisten in dem Dokumentarfilm “Tubby Hayes – A Man in a Hurry” nachgezeichnet hat. Die bedruckte Innenhülle der LP enthält Texte und Coverabbildungen zu allen Tracks.
Die zehn Aufnahmen von “Splonge!” präsentieren Tubby Hayes als virtuosen Bebopper, modalen Jazzer, einfühlsamen Balladeninterpreten, feurigen Latin-Jazzer, fantasievollen Komponisten und nicht zuletzt als verschmitztes Original. Zu hören ist er hier als Saxofonist, Flötist und gelegentlich auch als Vibrafonist mit der Crème de la Crème der damaligen britischen Jazzszene (u.a. Kenny Wheeler, Gordon Beck und natürlich Ronnie Scott), aber auch mit amerikanischen Größen wie Roland Kirk, James Moody, Clark Terry, Horace Parlan, Walter Bishop, Jr. und Eddie Costa.
Bleibt nur noch die Frage: Woher kommt eigentlich der Ausdruck “Splonge!”, der dieser Compilation ihren merkwürdigen Titel gibt? In einem englischen Wörterbuch werden Sie darauf keine Antwort finden. Die erhält man nur, wenn man sich Hayes’ afro-kubanischen Track “Voodoo” zu Gemüte führt, den dieser für den britischen Gruselfilm “Dr. Terror’s House of Horrors” aufnahm, in dem er auch als Musiker auftritt. Beim Anzählen des Tracks (der leider auf der LP keinen Platz mehr fand), erfindet Hayes dieses exzentische Fantasiewort.
Side A
A1. Tubbsville (04:03)
A2. You For Me (04:40)
A3. Lady ‘E’ – Tubby Hayes & The All Stars (03:22)
A4. Angel Eyes – Tubby Hayes Quintet (04:57)
A5. Johnny One Note – Tubby Hayes Quintet (08:53)
Side B
B1. Pedro’s Walk – Tubby Hayes Orchestra (04:47)
B2. Bluesology – The Tubby Hayes Quartet (05:06)
B3. Blues In Orbit – The Tubby Hayes Quartet (03:25)
B4. For Members Only (Take 1) – The Tubby Hayes Quartet (07:27)