Eigentlich hatte
Creed Taylor ja selbst eine Laufbahn als Musiker einschlagen wollen. Doch dann sattelte er mit 25 Jahren auf den Job des Produzenten um. Für die Jazzwelt sollte sich dies als ein wahrer Glücksfall erweisen. Denn Taylor lenkte nicht nur die Karriere von
John Coltrane in neue Stratosphären, sondern zeichnete hinter den Kulissen auch maßgeblich für das weltweite Bossa-Nova-Fieber verantwortlich. Außerdem förderte er danach den schleichenden Einzug von Soul, Funk und Rhythm’n’Blues in den Jazz und später auch die Entstehung von Fusion- und Crossover-Musik.
Creed Taylor war 1929 in Lynchburg/Virginia zur Welt gekommen, wo er – obwohl von Country Music und Bluegrass umgeben – über Radiosendungen seine Leidenschaft für den Jazz entdeckte. Inspiriert von Harry James und Dizzy Gillespie begann er während seiner Highschool-Zeit Trompete zu spielen. Anschließend besuchte er die Duke University in Durham/North Carolina, um Psychologie zu studieren. Parallel spielte er in zwei studentischen Jazzensembles: den Duke Ambassadors und den Five Dukes. Da er sich selbst aber nicht für talentiert genug hielt, gab er die Idee, ein professioneller Musiker zu werden, wieder auf. Stattdessen ging er 1954 nach Ableistung seines Militärdienstes nach New York.
Dort erhielt er über einen anderen Duke-Absolventen Kontakt zu Gus Wildi, der kurz zuvor ein neues Plattenlabel aus der Taufe gehoben hatte: Bethlehem Records. Obwohl der 25-jährige Taylor keinerlei Erfahrungen als Produzent vorweisen konnte, gab ihm Wildi eine Chance. Und Taylor wusste sie zu nutzen. Schon mit seiner ersten Produktion “Chris Connor Sings Lullabys Of Birdland” – zugleich auch das erste Album des Labels – landete er einen Hit. Dank des Erfolgs wurde er sofort zum A&R-Chef von Bethlehem Records befördert, für das er zeitweilig sechs Alben im Monat produzierte, darunter solche von Größen wie Oscar Pettiford, Charles Mingus, Carmen McRae und Herbie Mann.
1956 wechselte Taylor zu ABC-Paramount, wo er in den nächsten vier Jahren alles Mögliche zwischen Pop und Jazz produzieren durfte. Dann hatte er 1960 die Idee zu einem ganz auf Jazz spezialisierten Sublabel, dem er den Namen Impulse! Records gab. Die Alben des Labels bewarb er mit dem kessen Slogan “The New Wave In Jazz” und steckte sie in die heute längst ikonischen Gatefold-Cover mit dem ins Auge stechenden orange-schwarzen Rücken. Taylor produzierte selbst nur sieben Alben für Impulse!, bevor er im Laufe des Jahres 1961 schon zu Verve Records weiterzog. Aber diese sieben Alben legten bereits die Parameter für das Label fest und katapultierten es auf Anhieb ins Scheinwerferlicht. Und mehr noch: Taylor nahm John Coltrane unter Vertrag, der zum größten Star von Impulse! Records aufsteigen sollte.
Bei Verve Records gelang es Creed Taylor oft (wenn auch nicht immer) hohe künstlerische Ansprüche mit kommerziellem Erfolg zu kombinieren. Etliche der von ihm produzierten Alben wurden mit Grammys ausgezeichnet. Mit Aufnahmen wie “Jazz Samba” von Stan Getz und Charlie Byrd sowie “Getz/Gilberto” von Stan Getz und João Gilberto löste er das weltweite Bossa-Nova-Fieber aus. Außerdem entstanden dort unter seiner Ägide auch höchst populäre Einspielungen von Wes Montgomery, Jimmy Smith, Bill Evans, Cal Tjader und vielen anderen.
1967 verließ Creed Taylor Verve, um unter dem Dach von A&M Records sein erstes eigenes Label CTI (Creed Taylor Incorporated) zu starten, das er ab 1970 dann als unabhängiges Label weiterführte. Auch hier konnte er mit Alben wie Antônio Carlos Jobims “Wave”, George Bensons “Shape Of Things To Come”, Wes Montgomerys “Willow Weep For Me”, Freddie Hubbards “First Light” oder Eumir Deodatos “Prelude” erstaunliche Erfolge feiern. Als Ableger entstand 1971 noch Kudu Records für Jazzproduktionen mit einem deutlicherem Soul-, Funk- und Rhythm’n’Blues-Einschlag von u.a. Grant Green, Idris Muhammad, Esther Phillips, Dr. Lonnie Smith und Grover Washington Jr. Als letzte neue Produktion des Labels erschien 2010 ein Live-Album der CTI Jazz All-Star Band, das 2009 beim Montreux Jazz Festival mitgeschnitten worden war.
Bei einem Familienbesuch in Deutschland erlitt Creed Taylor nun am 22. August einen Schlaganfall, an dessen Folgen er einen Tag später in einem Nürnberger Krankenhaus starb.