Faszination der Gegensätze – erst meditativ, dann explosiv
Nach über 50 Jahren veröffentlicht Impulse! Records am 22. März auf “The Carnegie Hall Concert (1971)” zum ersten Mal den kompletten Mitschnitt eines legendenumwobenen Konzerts von Alice Coltrane.
Alice Coltrane(c) Michael Ochs Archives_Getty Images
Eigentlich hatte Alice Coltrane am 2. Februar 1971 bei einer Wohltätigkeitsgala in der New Yorker Carnegie Hall nur einen zwanzigminütigen Kurzauftritt zwischen den Headlinern Laura Nyro und The Rascals absolvieren sollen. So war es zumindest mit dem Konzert-Veranstalter Sid Bernstein vereinbart gewesen. Doch als der Impresario, der sieben Jahre zuvor den Beatles am selben Ort ihren ersten USA-Auftritt verschafft hatte, spürte, wie sehr das Publikum von Alices zutiefst meditativer Musik in Bann geschlagen war, ließ er die Künstlerin spontan nach Belieben gewähren. Das Ergebnis war ein rund 80-minütiges Konzert mit einer überraschenden Programmwende in der Mitte. Denn nach zwei transzendentalen Nummern, die von Alice Coltranes zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Album “Journey In Satchidananda” (ein früher Meilenstein des sogenannten Spiritual Jazz!) stammten, wechselte die Künstlerin nicht nur von der Harfe zum Klavier, sondern auch radikal die musikalische Richtung und Gangart. Gemeinsam mit Musikern aus dem Orbit von John Coltrane (u.a. die Saxofonisten Pharoah Sanders und Archie Shepp) zollte sie ihrem 1967 gestorbenen Ehemann mit explosiv gespielten, rhythmisch treibenden und ekstatischen Versionen seiner Kompositionen “Africa” und “Leo” Tribut. Nun werden diese Aufnahmen am 23. März unter dem Titel “The Carnegie Hall Concert (1971)” zum ersten Mal komplett auf CD und Doppel-Vinyl veröffentlicht. Ein tiefschürfendes Essay der Autorin Lauren Du Graf und informative Anmerkungen von Alice Coltranes damaligem Produzenten Ed Michel runden dieses aufregende Projekt ab.