Alice Coltrane | News | Kontrastprogramm aus meditativen Stücken und explosivem Free Jazz

Kontrastprogramm aus meditativen Stücken und explosivem Free Jazz

Mit ihrem “Carnegie Hall Concert” begeisterte Alice Coltrane 1971 das verwöhnte New Yorker Publikum. Jetzt erscheint zum ersten Mal ein kompletter Mitschnitt des legendären Konzerts auf CD und Doppel-Vinyl
Alice Coltrane
Alice ColtraneGetty Images
22.03.2024
Live At Carnegie Hall (1971)” auf 2CD, 2LP und weitere Alben von Impulse! Records finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Impulse! Records und die Verve Label Group haben sich mit den Erben des Nachlasses von John und Alice Coltrane zusammengetan, um 2024 zum “Jahr von Alice” zu machen. Das ganze Jahr hindurch soll das Lebenswerk der 2007 gestorbenen Pianistin, Harfenistin, Komponistin und Sängerin gefeiert werden, die heute als eine der Ikonen des spirituellen Jazz gilt. Zum Auftakt erscheint nun das Doppelalbum “The Carnegie Hall Concert”, auf dem zum ersten Mal der komplette rund 80-minütige Mitschnitt eines einzigartigen Konzerts veröffentlicht wird, das Alice Coltrane am 21. Februar 1971 in dem berühmten New Yorker Musentempel gegeben hatte. Bislang gab es von diesem Konzert lediglich eine inoffizielle Veröffentlichung, die nur eines der vier an diesem Abend gespielten Stücke bot.
1971 befand sich Alice Coltrane an einem musikalischen Wendepunkt, der sich auch bei ihrem Konzert in der Carnegie Hall manifestieren sollte. Im ersten Teil verwöhnte sie das Publikum mit zwei Stücken ihres erst kurz zuvor veröffentlichten Albums “Journey In Satchidananda”, das eine deutliche Abkehr von ihren zuvor eingespielten jazzigeren Impulse!-Alben signalisierte. Mit der überraschend transzendentalen, meditativen Musik von “Journey In Satchidananda” und “Shiva-Loka” versetzte sie das Publikum zunächst eine halbe Stunde lang in einen Trance-ähnlichen Zustand. Danach wechselte Alice nicht nur von der Harfe zum Klavier, sondern auch radikal die musikalische Richtung und Gangart, um ihrem 1967 gestorbenen Ehemann mit explosiv gespielten, rhythmisch treibenden und ekstatischen Versionen seiner Kompositionen “Africa” und “Leo” noch einmal Tribut zu zollen. Zur Seite standen ihr in beiden Konzertteilen die Saxofonisten Pharoah Sanders und Archie Shepp, die Bassisten Jimmy Garrison und Cecil McBee, die Schlagzeuger Ed Blackwell und Clifford Jarvis (allesamt Musiker aus dem Orbit von John Coltrane) sowie Tulsi an der Tamboura und Kumar Kramer am Harmonium.
“Ich fühle mich der Jazz-Ära nicht mehr zugehörig”, verriet Alice Coltrane einige Monate nach dem frenetisch gefeierten Auftritt in einem Interview. “John hat seine Musik auch nicht als Jazz bezeichnet.” Mit ihrem “Carnegie Hall Concert” hatte sie sich also gewissermaßen von der Jazzwelt verabschiedet und zugleich ein neues musikalisches und spirituelles Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen.
Erhältlich ist “The Carnegie Hall Concert” auf CD und Doppel-Vinyl. Ein tiefschürfendes Essay der Autorin Lauren Du Graf und informative Anmerkungen von Alice Coltranes damaligem Produzenten Ed Michel runden dieses aufregende Projekt ab.