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Nur Atmen ist wichtiger als Musik – Zum Tod von Allen Toussaint

Allen Toussaint
Allen Toussaint
11.11.2015
“Meine Musik habe ich im Garten von New Orleans selbst angebaut”, soll Allen Toussaint einmal gesagt haben. “Sie bedeutet mir alles, nur Atmen ist mir wichtiger.” Dass bei ihm die Musik an erster Stelle stand, verdeutlichten auch die Kennzeichen, die er sich extra für seine goldenen Rolls-Royce-Modelle anfertigen ließ: denn auf denen prangten Worte wie “Piano” und “Tunes”. So selbstbewusst wie Toussaint einerseits war, so bescheiden war er andererseits. In seiner Karriere, die er in den 1950er Jahre gestartet hatte, zog er oft im Hintergrund die Fäden, schrieb unzählige Hits für andere Interpreten, produzierte Alben von Kollegen oder verdingte sich als Arrangeur und Sideman. Sehr viel seltener wagte er sich selbst ins Rampenlicht, weshalb seine eigene Diskographie erstaunlich schmal geblieben ist. Um so beeindruckender ist die genreübergreifende Liste der Künstler, die im Laufe der Jahrzehnte in der einen oder anderen Weise von Toussaints magischen Talenten profitiert haben: sie reicht von Fats Domino über die Rolling Stones, Eric Clapton und The Who, Paul Simon, Little Feat und The Band bis zu Dr. John, LaBelle, The Meters und Trombone Shorty. Wann immer ein Künstler eine Dosis New-Orleans-Soul und -Rhythm’n’Blues brauchte, rief er zuerst bei Allen Toussaint an. Wie so viele andere Einwohner von New Orleans wurde er 2005 auch ein Opfer des Wirbelsturms Katrina. Er verlor damals nicht nur sein Haus, sondern auch sein Studio und stand plötzlich vor dem Nichts. Auch wenn er tapfer behauptete: “Die Dinge, die einem am teuersten sind, können nicht ertränkt werden – die Grooves und die Second Line, und die Art, wie man sich im Innersten fühlt, wenn man Professor Longhair hört.” Um finanziell, musikalisch und auch spirituell wieder auf die Beine zu kommen, zog er nach New York und gab dort Solokonzerte. Gemeinsam mit Elvis Costello nahm Toussaint 2006 das Album “The River In Reverse” auf, das sich mit der Katastrophe in New Orleans auseinandersetzte und für einen Grammy nominiert wurde. 2013 überraschte der Pianist seine Fans mit dem Soloalbum “Songbook”, für das er sein eigenes Werk einer gründlichen Revision unterzog. Nun ist der 77-jährige Allen Toussaint am 9. November nach einem Konzert in Madrid einem Herzinfarkt erlegen. In der Musik von New Orleans (und weit darüber hinaus) wird sein Einfluss aber wohl bis in alle Ewigkeit zu spüren sein.