Charles Lloyd | News | Magische Nacht eines außergewöhnlichen Trios: der Intuition freien Lauf lassen

Magische Nacht eines außergewöhnlichen Trios: der Intuition freien Lauf lassen

Für das Album “Trios: Chapel” ließ der Saxofonist Charles Lloyd ein einzigartiges Trio-Konzert mit dem Gitarristen Bill Frisell und dem Bassisten Thomas Morgan mitschneiden.
Thomas Morgan / Bill Frisell / Charles Lloyd
Thomas Morgan / Bill Frisell / Charles Lloyd
24.06.2022
Dieses Album auf LP und weiteres von Blue Note finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
“Seit jeher wurde Zahlen eine Bedeutung beigemessen”, sagt Charles Lloyd, “eine praktische, mächtige, fantastische, philosophische, mystische, spirituelle Bedeutung… Für Pythagoras war die Drei die perfekte Zahl, die Zahl der Harmonie, der Weisheit und des Verständnisses. Sie war auch die Zahl der Zeit – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; Geburt, Leben, Tod; Anfang, Mitte, Ende – sie war die Zahl des Göttlichen.” Angesichts dieser Worte ist es erstaunlich, dass sich Charles Lloyd im Laufe seiner sechs Jahrzehnte umspannenden Karriere bislang nur ein einziges Mal in diesem “perfekten, göttlichen” Trio-Format präsentiert hatte: 2004 auf dem ECM-Album “Sangam” mit dem Tabla-Spieler Zakir Hussain und Schlagzeuger Eric Harland.
Diese Scharte möchte der Saxofonist nun endlich auswetzen. Mit drei unterschiedlichen Trio-Alben, die er bis Ende des Jahres veröffentlichen wird. Den Auftakt macht er jetzt mit dem Live-Album “Trios: Chapel”, auf dem ihm Bill Frisell und Thomas Morgan zur Seite stehen. "In diesem Stadium seiner Karriere glänzt Charles Lloyd am meisten, wenn er ganz seiner Intuition folgt", merkte George W. Harris kürzlich in Jazz Weekly an. “Dieses Trio-Album mit dem Gitarristen Bill Frisell und dem Bassisten Thomas Morgan ist ein perfektes Beispiel dafür. Alles wirkt zwanglos, vertraut und intim, und es funktioniert prächtig.”
Das Chapel Trio verdankt seinen Namen der Lokalität, an der Lloyd, Frisell und Morgan im Dezember 2018 ihren ersten gemeinsamen Auftritt absolvierten: der Coates Chapel auf dem Campus der Southwest School of Arts im texanischen San Antonio.  Als Gründungsmitglied von Lloyds Band The Marvels konnte Bill Frisell in sieben Jahren eine innige Beziehung zu dem Saxofonisten entwickeln und war sofort Feuer und Flamme, als dieser ihn zu einem speziellen Konzert in der Coates Chapel einlud. Da Lloyd mit den akustischen Eigenschaften der Kapelle vertraut war und wusste, dass sie für Schlagzeug oder Perkussion nicht geeignet war, bat er Frisell darum, seinen eingespielten Duo-Partner Thomas Morgan mitzubringen. Das live aufgezeichnete Konzert hinterließ bei Lloyd einen unauslöschlichen Eindruck. “Unser erster Auftritt [dem erst im Dezember 2021 ein zweites Konzert im Pierre-Boulez-Saal in Berlin folgte] wird auf immer einen magischen Platz in meiner Erinnerung einnehmen”, sagte er später.
Magisch war auch, was dieses doch relativ ad hoc zusammengekommene Trio bei seinem denkwürdigen Auftritt bot. Lloyd nimmt seine beiden Gefährten mit auf eine Reise durch seine persönliche und musikalische Vergangenheit. Das Konzert beginnt mit einer von Herzen kommenden Interpretation von Billy Strayhorns letzter Komposition “Blood Count”, die das an Krebs erkrankte Alter Ego von Ellington 1967 kurz vor seinem Tod im Krankenhaus beendete. Im Sommer zuvor hatte Lloyd auf dem Jazzfestival von Antibes in Südfrankreich eine Begegnung mit Strayhorn und Ellingtons Altsaxofonisten Johnny Hodges, die ihn nachhaltig geprägt hat: “Sie nahmen mich unter ihre Fittiche und am Grab von Sidney Bechet in ihren Zirkel auf.”
Weiter geht es mit “Song My Lady Sings”, einem Stück, das Lloyd 1964 als neues Mitglied des Cannonball Adderley Sextet geschrieben hatte, und dem Bolero “Ay Amor” des kubanischen Sängers, Pianisten und Songwriters Ignacio Jacinto Villa Fernández a.k.a.  Bola de Nieve. Den Klassiker hatten Charles Lloyd & The Marvels bereits 2021 auf ihrem dritten Album “Tone Poem” präsentiert. Ausklingen lässt Lloyd das Konzert mit zwei eigenen Kompositionen aus der nicht ganz so fernen Vergangenheit: “Beyond Darkness” von dem 2002 erschienenen Album “Lift Every Voice” (auf dem es auch eine frühere Version von “Blood Count” gibt) und “Dorotea’s Studio” von “Voice In The Night” (1999).
Am 26. August wird diese Reihe mit dem Album “Trios: Ocean” fortgesetzt, auf dem Lloyd mit dem Diana-Krall-Gitarristen Anthony Wilson und Pianist Gerald Clayton zu hören sein wird. Und am 28. Oktober erscheint schließlich noch das Album “Trios: Sacred Thread” mit dem Gitarristen Julian Lage und Tabla-Großmeister Zakir Hussain. Geplant ist außerdem eine exklusive Vinyl-Box mit allen Alben dieser Trio-Trilogie.
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