Von roten und heiligen Fäden – grandioser Abschluss einer Trio-Trilogie
Mit “Trios: Sacred Thread” beschließt Tenorsaxofonist Charles Lloyd seine im Juni dieses Jahres begonnene “Trio of Trios”-Serie. Parallel zum letzten Album erscheint auch eine exklusive Box mit der gesamten Trilogie.
Seit er als Teenager in Memphis Blues-Größen wie B.B. King und Howlin’ Wolf begleitete, hat Charles Lloyd ein für einen Jazzsaxofonisten eher ungewöhnliches Faible: Er liebt die Zusammenarbeit mit Gitarristen. In den 1960ern spielte er in der Band des Schlagzeugers Chico Hamilton fünf Jahre lang Seite an Seite mit Gábor Szabó. Und in den 1970ern konnte man Lloyd mit Rock-Acts wie den Beach Boys und den Doors, Roger McGuinn (The Byrds) und John Cipollina (Quicksilver Messenger Service) erleben. Dann folgte eine lange Phase, in der Gitarristen auf den Alben von Charles Lloyd keine Rolle mehr spielten. Bis er 2016 seine neue Band The Marvels gründete, in die er gleich zwei sehr profilierte Sechssaiter holte: Bill Frisell und Greg Leisz. Inzwischen hat Lloyd mit den Marvels drei gefeierte Alben bei Blue Note vorgelegt. Auch auf dem Live-Doppelalbum “8 Kindred Spirits”, das er 2018 anlässlich seines 80. Geburtstags aufnahm, war in Person von Julian Lage wieder ein Gitarrist mit von der Partie.
Und nun zieht sich diese Kollaboration mit Gitarristen wie ein roter Faden auch durch die Serie “Trio of Trios”, die Lloyd im Juni 2022 startete. Auf dem ersten Album “Trios: Chapel” war er zunächst mit Bill Frisell und dem Bassisten Thomas Morgan zu hören, auf dem zweiten, “Trios: Ocean”, mit dem Pianisten Gerald Clayton und Anthony Wilson. Und auf “Trios: Sacred Thread”, im September 2020 live in der Paul Mahder Gallery im nordkalifornischen Healdsburg aufgezeichnet, befindet sich der mittlerweile 84-jährige Freigeist jetzt in der Gesellschaft von Julian Lage und Tabla-Meister Zakir Hussain.
Lloyd ist es seit langem gewohnt, in seine aktuelle Musik frühere Erfahrungen einfließen zu lassen. So auch bei “Trios: Sacred Thread”. Der Keim für dieses Projekt wurde im Grunde schon in den späten 1950ern gelegt, als Lloyd an der University of Southern California Musik studierte. “Dort kreuzten damals häufig Ravi Shankar und Alla Rakha auf”, erinnert sich Lloyd. “Und so kam es, dass ich den Ruf von Mother India hörte.” 2001 hatte er dann das erste Mal Gelegenheit, bei einem Konzert mit dem Tabla-Virtuosen Zakir Hussain zusammenzuspielen. Dabei erfuhr er, dass dieser der Sohn von Alla Rakha war. “Man könnte sagen, dass uns die Vorsehung zusammengeführt hat”, meint der Saxofonist, “ich nenne es aber einen Heiligen Faden.”
Dieser Heilige Faden führte ihn auch mit Julian Lage zusammen. “Ich hörte den jungen Julian zum ersten Mal, als er zwölf Jahre alt war”, fährt Lloyd fort. “Er wuchs nicht weit von Healdsburg auf und war als Wunderkind bekannt – er hatte ein gutes Ohr und ich erkannte gleich sein Potenzial. Zwanzig Jahre später lud ich ihn ein, mit mir zu spielen – er war immer noch ein junger Mann und sein Ohr war nur noch besser geworden. Ich bin damit gesegnet, dass solche Seelen immer wieder einen Weg zu mir finden. Und es inspiriert mich noch heute dazu, mich aufs Hochseil zu wagen und zu versuchen, mich in die Lüfte aufzuschwingen.”
Das Konzert in Healdsburg fand am 26. September 2020 auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie statt und wurde seinerzeit für ein weltweites virtuelles Publikum gestreamt. Beim Zusammenspiel mit Hussain und Lage fiel Lloyd damals auf: “Während die Energie und der Austausch zwischen Musikern und Publikum verschwunden sind, gibt es hier eine Konzentration und einen Fokus, der nicht durch Applaus unterbrochen wird..”