Seit er 2007 einen Schlaganfall erlitt, kann Eberhard Weber nicht mehr Bass spielen. Was um so bedauerlicher ist, da er auf seinem speziell für ihn entworfenen elektro-akustischen Instrument einen singenden Sound kreierte, der bis heute einzigartig ist. Doch nachdem sich Weber einmal mit seinem Handicap abgefunden hatte, ging er mit dem Saxophonisten Jan Garbarek und Schlagzeuger Michael DiPasqua 2012 wieder ins Studio, um unter dem Titel “Résumé” ein neues Album aufzunehmen. Das besondere daran war, dass er dafür auf ausgedehnte Bass-Solo-Sequenzen zurückgegriff, die bei früheren Auftritten mit der Jan Garbarek Group aufgezeichnet worden waren. Aus ihnen konstruierte Weber mit Hilfe von Garbarek und DiPasqua neue Kompositionen. Und erntete damit bei der Kritik einhellige Begeisterung. “Da die ursprünglichen Soli schon wegen Webers Vorliebe für Live-Playbacks mit Delays und Loops hervorragend strukturiert waren, boten sie ein gutes Material für die Weiterverarbeitung”, schrieb Werner Stiefele in Stereoplay. Für “Encore” bediente sich Weber nun derselben Arbeitsmethode, indem er weitere Solo-Sequenzen (aus den Jahren 1990 bis 2007) bearbeitete.
Diesmal ist als Gast der niederländische Flügelhornspieler Ack van Rooyen mit von der Partie. Van Rooyen, der Weber schon 1973 bei der Aufnahme seines ersten ECM-Albums “The Colours Of Chloë” begleitete, versieht die zeitgenössischen Klangmontagen mit seinen eigenen subtilen Tonfarben.
“Ich höre mir viel Musik an und sehr genau zu, ich bin sehr selbstkritisch”, verriet Eberhard Weber Karl Lippegaus in einem Interview für das Booklet von “Encore”. “Ein Jahr habe ich gebraucht, um herauszufinden, was ich mit diesem vorliegenden Material machen konnte.
Diese Basssoli bei der Jan Garbarek Group, die als Überleitung zwischen zwei großen Blöcken im Konzert fungierten, waren meist völlig spontan und etwa sechs bis zehn Minuten lang. Und irgendwann kam mir der Gedanke, ich könne doch selbst etwas dazu spielen.” Dazu griff Weber aufs Klavier und diverse Keyboards zurück.
“Aus mir wurde so gleichsam ein ‘neuer’ Komponist, unter der Prämisse, dass ich ‘alte’ Dinge verwende”, fährt Weber fort. Ob es noch weitere neue Alben von ihm geben wird, steht leider in den Sternen. Denn der 75-Jährige räumt ein: “Ob nach ‘Encore’ noch etwas von mir kommen wird, kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe über Jahrzehnte immer viel mit neuen Leuten an wechselnden Konzepten gearbeitet. Jetzt bin ich nicht mehr so flexibel, spiele nicht mehr Bass und kann nicht so ohne weiteres eine neue Idee entwickeln.” So könnte sich mit “Encore” für Eberhard Weber ein Kreis geschlossen haben. Denn er selbst sagt: “Van Rooyen war meiner ersten und ist bei meiner vielleicht letzten Produktion dabei.”
Da kann man nur hoffen, dass sich Weber hier irrt.