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Jazzmusiker als Beatjuggler – Clayton-Album erschienen

Mit seinem dritten Album für Blue Note legt Gerald Clayton den ersten Teil seines bislang ehrgeizigsten und visionärsten Projekts vor.
Gerald Clayton "Ones & Twos"
Gerald Clayton "Ones & Twos"(c) Blue Note Records
09.04.2025
Gerald Clayton hat sich schon immer als Vermittler zwischen musikalischen Gegenpolen verstanden. “Ich habe von klein auf die unterschiedlichsten Arten von Musik gehört”, erklärte er seine künstlerische Offenheit, als er 2009 sein Debütalbum “Two-Shades” vorstellte. “Ich nehme die verschiedensten Einflüsse in mich auf und versuche, meine eigene Stimme zu finden, indem ich all diese Kräfte zu einem harmonischen Ganzen bündle. Ich versuche, die verschiedenen Stile und Klänge, die ich mag, so zu vermischen, dass dabei eine ausgewogene und geschmackvolle musikalische Sprache entsteht.”
Im Grunde macht Clayton das jetzt auch wieder bei seinem neuesten Projekt “Ones & Twos”. Nur geschieht es diesmal im zweiten, experimentellen Teil des Projekts, dessen Ergebnis Clayton noch in diesem Jahr veröffentlichen wird, auf eine noch nie dagewesene Art und Weise. Auf dem nun erschienenen Album “Ones & Twos” bietet Gerald Clayton zunächst zwölf neue Eigenkompositionen. Mal sind diese betörend lyrisch und sehr eingängig, mal etwas experimenteller oder auf skurrile Weise verspielt und oft zudem ausgesprochen groovebetont. Eingespielt hat er die Stücke mit einem ungewöhnlich besetzten Quintett: mit dem Vibrafonisten Joel Ross, dem Trompeter Marquis Hill, dem Schlagzeuger Kendrick Scott und der Flötistin Elena Pinderhughes, die sich ganz besonders in Szene setzen kann. Clayton selbst ist an Piano, Fender Rhodes, Orgel und Synthesizer sowie als Sänger zu hören. Den letzten Schliff erhielten die Aufnahmen durch den Jazz- und Hip-Hop-Alchemisten Kassa Overall, der für seine unaufdringliche und transformative Art der Postproduktion bekannt ist und hier bei einigen Tracks auch Perkussion spielt.
Clayton und seine Mitstreiter gehören einer Generation an, die sowohl mit Jazz als auch mit Hip-Hop aufgewachsen ist und die Blütezeit des Neo-Soul hautnah miterlebt hat. “Unsere Helden – Leute wie Roy Hargrove, D’Angelo, The Roots und Erykah Badu – haben uns gezeigt, dass es einen Weg gibt, diese im Hip-Hop verwurzelte Sprache mit den Instrumenten auszudrücken, die wir im Jazzbandunterricht gespielt haben”, sagt der Bandleader. “Ones & Twos” betont die Kontinuitäten zwischen den verschiedenen Stilrichtungen der Black Music auf sehr persönliche Weise, ohne dabei in Klischees zu verfallen. “Schon sehr früh in meinem Leben wurde mir klar, dass all diese Musik aus der gleichen Quelle kommt: Sie hat ihren Ursprung im Blues”, sagt Clayton. “Und so sehe ich das auch heute noch.” “Ones & Twos” ist aber vor allem anderen ein fesselnder Hörgenuss, für den man eigentlich keinen weiteren Kontext braucht.
Wie bereits erwähnt, wird es noch einen zweiten Teil von diesem Projekt geben. “‘Ones & Twos’ ist ein Experiment – eine Idee, die von der Kunst des Turntablism inspiriert ist”, erklärt Clayton. “Ich wollte eine Platte machen, bei der die A-Seite gleichzeitig mit der B-Seite abgespielt werden kann – so wie es ein Club-DJ macht, wenn er von einem Song zum nächsten wechselt und man zwei verschiedene Tracks gleichzeitig hört.” Wenn die Tracks übereinandergelegt werden, entstehen dabei Stücke, die sowohl fest in den Originalen verwurzelt und doch auf markante Weise neu und anders klingen. Das Ergebnis, so verspricht Gerald Clayton, ist Musik, die funky, mitreißend, verblüffend und schön ist, manchmal alles auf einmal. Es ist kaum vorstellbar, wie das bei so vielschichtigen Stücken wie “Angel Speak”, dem atemlosen Opener des Albums, funktionieren soll. Denn schon dort jongliert er virtuos mit Elementen aus Post-Bop, Kammermusik, Neo-Soul, der Avantgarde der 60er und der R&B-inspirierten Fusion der 70er. Auf die kombinierten Tracks darf man also gespannt sein.
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