Songs mit einer breiten Palette irisierender Klangfarben
Für die Aufnahme von “Blues Blood” arbeitete der Altsaxofonist Immanuel Wilkins erstmals mit Sängerinnen und Sängern zusammen. Entstanden ist dabei sein bislang ambitioniertestes, vielschichtigstes und zugleich zugänglichstes Album.
Immanuel Wilkins(c) Joshua Woods
10.10.2024
Das Album auf LP, als exklusive signierte Sonderedition und als White Label finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Der Altsaxofonist Immanuel Wilkins gilt derzeit als eines der größten Talente des Jazz. Bereits auf seinen ersten Alben für Blue Note – “Omega” (2020) und “The 7th Hand” (2022) – präsentierte sich Wilkins als Instrumentalist mit einer unverwechselbar eigenen Stimme und als Komponist mit erstaunlichem Tiefgang. Beide Alben wurden von der heimischen und internationalen Presse in den höchsten Tönen gelobt und landeten in vielen Jahresbestenlisten auf dem ersten Rang. Mit “Blues Blood” legt der mittlerweile 27-Jährige nun aber sein bislang ambitioniertestes, vielschichtigstes und zugleich zugänglichstes Album vor, zu dem ihn u.a. Erinnerungen an seine Kindheit in Philadelphia inspirierten. Es geht darauf um die sogenannte “oral tradition”, die in der afroamerikanischen Kultur seit jeher eine wichtige Rolle spielt, um das reiche Erbe seiner Vorfahren und um die Blutlinien, die Menschen untereinander verbinden.
Für “Blues Blood” arbeitet Immanuel Wilkins erstmals auf einem seiner eigenen Alben mit Gesangskünstlerinnen und -künstlern zusammen. Den Anstoß dazu hatten ihm Auftritte mit dem Blues- und Gospel-Ensemble Theaster Gates And The Black Monks gegeben. “Die Stimme”, sagt Wilkins, “ist dem Saxofon sehr ähnlich, da sie auch ein Luftinstrument ist, dem man Leben einhaucht.” Das beeinflusste die Stücke, die er für “Blues Blood” komponiert hat: “Ich wollte Musik schreiben, die ein Gefühl von Gemeinschaft vermittelt. Es ging darum, eine Art Wandteppich aus Gesang zu schaffen, fast wie eine Versammlung von Stimmen, die ihr eigenes Ding machen.”
Zu diesem Zweck holte Wilkins neben den Musikern seines eingespielten Quartetts – Pianist Micah Thomas, Bassist Rick Rosato und Schlagzeuger Kweku Sumbry – vier faszinierende Stimmen ins Studio, drei weibliche und eine männliche. Obwohl sie alle in den USA geboren wurden und dort aufgewachsen sind, haben diese Vokalisten doch sehr unterschiedliche kulturelle Wurzeln: Ganavya südindische, June McDoom jamaikanische, Yaw Agyeman nigerianische und Cécile McLorin Salvant französische. Gemeinsam mit Wilkins’ Quartett sowie dem Gitarristen Marvin Sewell und dem Schlagzeuger Chris Dave als Gästen verleihen sie den Songs hier eine breite Palette irisierender Klangfarben. Produziert hat Immanuel Wilkins das Album gemeinsam mit keiner Geringeren als Meshell Ndegeocello.
Blues Blood
VÖ: 11. Oktober 2024
Immanuel Wilkins
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Blues Blood (LP)
VÖ: 11. Oktober 2024
Immanuel Wilkins
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Blues Blood (Excl. Silver 2LP + Signed Art Card)
VÖ: 11. Oktober 2024
Immanuel Wilkins
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Blues Blood (Excl. Silver 2LP + White Label 2LP + Signed Art Card)
VÖ: 11. Oktober 2024
Immanuel Wilkins, Immanuel Wilkins
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Zweiter Geniestreich eines ambitionierten Youngsters: Eine ebenso stimmungsvolle wie spirituelle Suite
Auf “The 7th Hand”, seinem zweiten Album für Blue Note, strotzt der junge Altsaxophonist und Komponist Immanuel Wilkins nur so vor Selbstvertrauen und überbordender Fantasie.
Immanuel Wilkins - The 7th Hand (Blue Note Records)
Der britische Jazzkritiker Charles Waring sieht Immanuel Wilkins bereits auf dem bestem Weg dahin, ins Pantheon der großen Altsaxophonisten des Jazz einzuziehen und dort einen Platz an der Seite von Charlie Parker, Cannonball Adderley, Eric Dolphy und Jackie McLean einzunehmen. Eine kühne Prognose! Denn Wilkins ist gerade einmal 24 Jahre alt und hat jetzt mit “The 7th Hand” erst sein zweites Soloalbum vorgelegt. Für Waring, der dem Album in seiner “Mojo”-Rezension die Höchstwertung gab, verkörpert “The 7th Hand” auf jeden Fall “zeitgenössischen Jazz in seiner aufregendsten Form”. Schon mit “Omega”, seinem vor nicht ganz zwei Jahren erschienenen Debütalbum für Blue Note, hatte der junge Altsaxophonist und Komponist aus Philadelphia die Messlatte für sich selbst sehr hoch gelegt. “Omega” wurde seinerzeit von der New York Times zum Jazzalbum des Jahres 2020 gekürt und in der JazzTimes als “das wichtigste Jazzdebüt seit Jahren” bezeichnet.
Nun hat der Altsaxophonist die eigene Messlatte mit “The 7th Hand” noch ein gutes Stückchen weiter nach oben verschoben. Denn vom ersten bis zum letzten Moment strahlt Immanuel Wilkins hier eine für sein Alter wirklich außergewöhnliche Selbstsicherheit aus, erweist sich als ebenso fantasievoller Solist wie Komponist und offenbart ein intuitives Verständnis für die spirituellen Aspekte der schwarzen Musik. “The 7th Hand” ist eine aus sieben Sätzen bestehende, rund einstündige Suite, in der es um biblische Symbolik und die Verbindungen zwischen dem Dasein und dem Nichts geht. Das liest sich “verkopfter” als es im Ergebnis klingt. Wie schon bei “Omega” stammen alle Kompositionen dieser Suite aus der Feder von Wilkins, der sie auch wieder mit den Musikern seines hervorragend eingespielten Quartetts aufgenommen hat: dem Pianisten Micah Thomas, dem Bassisten Daryl Johns und dem Schlagzeuger Kweku Sumbry. Zu ihnen gesellen sich diesmal allerdings noch die Flötistin Elena Pinderhughes und in dem Stück “Don’t Break” das von westafrikanischen Rhythmen inspirierte Percussion-Ensemble Farafina Kan. In dem lernte Kweku Sumbry einst als Hosenmatz unter Anleitung seines Onkels Mahiri Fadjimba Keita Djembé trommeln und tanzen.
Die ungemein spannende und stimmungsvolle Suite ist so raffiniert aufgebaut, dass sich die Musiker des Quartetts in jedem Stück graduell mehr Freiheiten herausnehmen können, bis sie in der 26-minütigen Schlussnummer “Lift” endlich die letzten Fessseln abstreifen und vollkommen frei improvisieren. Einen hervorragenden Eindruck von der Musik des Albums vermittelt ein wunderbarer Videoclip mit den ersten beiden Singles des Albums,"Emanation" und “Don’t Break”, bei dem die bekannte Multimedia-Künstlerin und Filmemacherin Cauleen Smith Regie geführt hat.
Immanuel Wilkins – klingt so die Zukunft des Jazz?
Nach seinem glänzenden Auftritt auf Joel Ross' gefeiertem Album “KingMaker” debütiert der Altsaxofonist Immanuel Wilkins mit “Omega” nun selbst bei Blue Note Records.
Immanuel Wilkins - Omega
06.08.2020
Es gibt sicher nicht viele Musiker, die mit 22 Jahren eine solche Reife und Ernsthaftigkeit, aber auch so viel Finesse und technisches Können besitzen wie der Altsaxofonist und Komponist Immanuel Wilkins.
Natürlich können auch nur die allerwenigsten in diesem Alter schon einen so gut gefüllten Terminkalender vorweisen, in dem gemeinsame Auftritte, Tourneen und Aufnahmesessions mit illustren Größen wie Bob Dylan, Solange Knowles, Wynton Marsalis, Lala Hathaway, Jason Moran, Gretchen Parlato, Gerald Clayton und dem Count Basie Orchestra bsonders hervorstechen. Immanuel Wilkins – soviel dürfte schon jetzt klar sein – ist kein typischer 22-Jähriger. Und “Omega” ist folglich auch kein herkömmliches Debütalbum, sondern ein beeindruckend ausgereiftes musikalisches und gesellschaftspolitisches Statement, das von den Erfahrungen der Schwarzen in den Vereinigten Staaten handelt. Dabei zeigt Wilkins, der vor einem Jahr schon auf Joel Ross' Debütalbum “KingMaker” brillierte, wie wenig sich in den hundert Jahren verändert hat, die zwischen dem grausamen Lynchmord an Mary Turner im Jahr 1918 (thematisiert in dem Stück “Mary Turner – An American Tradition”) und dem gewaltsamen Tod des Schülers Michael Brown im Jahr 2014 (“Ferguson – An American Tradition”) vergangen sind. Der Horror dieser Ereignisse spiegelt sich auch plastisch in der Musik wider.
Auf seinem von Jason Moran produzierten Blue-Note-Debüt “Omega” ist Immanuel Wilkins mit Musikern einer neuen Generation zu hören. Seit über vier Jahren spielt er in seinem Quartett nun schon mit Pianist Micah Thomas, Bassist Daryl Johns und Schlagzeuger Kweku Sumbry zusammen. In dieser Zeit ist das Ensemble so sehr zusammengewachsen, dass es noch in den wildesten und freiesten Momenten von “Omega”, wie aus einem Guss klingt. Zu den Höhepunkten des Albums zählt neben den beiden schon erwähnten Stücken und dem Opener “Warrior” auch eine über 20-minütige vierteilige Suite, die Wilkins bereits 2013 komponiert hat.
Immanuel Wilkins wuchs in Upper Darby vor den Toren Philadelphias auf und zeigte früh sein Interesse für Musik. Mit drei Jahren begann er zu singen und Geige zu spielen, stieg dann aber zwei Jahre später aufs Klavier um. Doch keines dieser Instrumente sprach ihn, wie er selbst einräumt, so wirklich an. Als er in der dritten Klasse war, fragte ihn ein Lehrer, ob er nicht in der Schulband mitspielen wolle. Angesichts seiner vorher gescheiterten Versuche als Geiger und Pianist kauften ihm seine Eltern nur widerstrebend das gewünschte Saxophon, weigerten sich aber Unterrichtstunden zu bezahlen. “Erst als ich ein paar Wochen später.von der Kirche nach Hause kam und mich durch eine Hymne arbeitete, merkten sie, dass ich es diesmal ernst meinte.” Ein Jahr später besuchte Wilkins, der Kenny Garrett als einen seiner größten Einflüsse nennt, im Kimmel Center for Performing Arts in Philadelphia bereits Kurse unter der Leitung von Marc Johnson und Anthony Tidd. “Ich habe von Leuten gelernt, die ernsthafte Jazzer und Legenden in der Szene von Philadelphia sind”, sagt er. “Nicht jeder hat die Chance, mit solchen Cracks abzuhängen. Ich konnte mit dem Sun Ra Arkestra spielen und mit Leuten wie Mickey Roker, Edgar Bateman, Charles Fambrough, Marshall Allen und Trudy Pitts. Sie haben mich zu dem geformt, der ich heute bin.”
2015 zog er schließlich nach New York, um die renommierte Juilliard School zu besuchen. Kurz nach seiner Ankunft lernte er dort den Trompeter und Komponisten Ambrose Akinmusire kennen, der zu seinem Mentor wurde und ihn in die Szene einführte. Nicht weniger bedeutend war für ihn aber auch die Begegnung mit dem Pianisten Jason Moran, mit dem der junge Saxophonist seine erste internationale Tournee absolvieren sollte.
“Immanuel hat sich immer mit ganzem Herzen auf die Musik gestürzt”, sagt Jason Moran. “Er ist ein kraftvoller Spieler. Er vermischt Traditionen auf eine Weise, wie es nur seine Generation zu tun versteht. Seine Band wird eine neue Musikform kreieren, deren Entwicklung ich mit Spannung verfolge. Die Zukunft der Musik liegt in den Händen dieser Musiker, und ich vertraue ihren Instinkten.”