“Tone Poet”-Serie – verkannt, aber nicht vergessen
Mit “Dance With Death” von Pianist Andrew Hill und “The Remarkable Carmell Jones” von Trompeter Carmell Jones erscheinen in der “Tone Poet”-Serie zwei wunderbare Alben von oft übersehenen Musikern.
JazzEcho-Plattenteller: Carmell Jones "The Remarkable Carmell Jones" // Andrew Hill "Dance With Death" (Blue Note Tone Poet Vinyl)
Die Vinyl-Wiederveröffentlichungen der “Tone Poet”-Reihe präsentieren Klangpoeten, die ihren eigenen Weg gegangen sind, um einige wirklich originelle Sounds zu erzeugen. Inspiriert wurde Blue-Note-Präsident Don Was zu dieser Kollektion durch die außergewöhnlichen audiophilen Vinyl-Wiederveröffentlichungen, die Joe Harley seit Jahren bei dem von ihm mitgegründeten Label Music Matters herausbringt. Der Saxofonist Charles Lloyd verlieh ihm für sein außerordentliches Gespür für die Klangästhetik des LP-Formats den Ehrentitel “Tone Poet”, den Harley heute mit Stolz trägt. Die LPs der Reihe werden mit viel Liebe für Details gefertigt – angefangen bei der Tonqualität und dem Mastering über die hochwertige Pressung auf 180-Gramm-Vinyl bis hin zur Gestaltung der schweren, laminierten Gatefold-Sleeves und der Druckqualität.
Andrew Hill – Dance With Death
Der brillante Pianist und Komponist Andrew Hill gehörte in den 1960er Jahren zweifellos zu den visionärsten Musikern im Blue-Note-Stall. Tatsächlich waren einige der zwölf Alben, die er zwischen 1963 und 1970 für das Label einspielte, ihrer Zeit so weit voraus, dass sie erst Jahrzehnte später veröffentlicht wurden. So wie das brillante Album “Dance With Death”, das bereits 1968 entstanden war, aber erst 1980 das Licht der Welt erblickte. Zu hören ist Hill hier mit sechs höchst originellen Eigenkompositionen zwischen Post-Bop, modalem Jazz und Avantgarde. Exzellente Unterstützung erhielt er bei der Einspielung von gleichgesinnten Modernisten wie Trompeter Charles Tolliver, Sopran- und Tenorsaxofonist Joe Farrell, Bassist Victor Sproles und Schlagzeuger Bill Higgins. “Musikalisch ist dies Hills vorauschauendstes Werk”, urteilt Thom Jurek von AllMusic über das Album. “Aus dem Hard- und Post-Bop-Rahmen entwickeln sich modale und tonale Sondierungen von erstaunlicher Komplexität. […] ‘Dance With Death’ ist ein phänomenales Album, das seine Waghalsigkeit und Kompetenz gut zur Geltung bringt.”
Carmell Jones – The Remarkable Carmell Jones
24 Jahre jung war der Trompeter Carmell Jones, als er 1960 von seiner Geburtsstadt Kansas City nach Los Angeles ging, wo er er Karriere als Studiomusiker einschlug und u.a. mit dem Orchester von Gerald Wilson, Harold Land und Bud Shank zusammenarbeitete. Schon kurz nach seiner Ankunft erhielt der vielversprechende Youngster, den manche damals mit Clifford Brown verglichen, durch die Vermittlung eines gewissen Joachim-Ernst Berendt einen Plattenvertrag bei Richard Bocks Label Pacific Jazz. 1961 konnte er für das Label sein Debütalbum “The Remarkable Carmell Jones” aufnehmen. Im Zusammenspiel mit Tenorsaxofonist Harold Land, Pianist Frank Strazzeri, Bassist Gary Peacock und Schlagzeuger Leon Pettis präsentierte er auf dem Album eine hochinteressante Mischung aus Cool Jazz und Hard-Bop. Danach nahm Jones nur noch drei weitere Alben für Pacific Jazz und Prestige auf. Nach einem kurzen Zwischenspiel im Horace Silver Quintet, in dessen Verlauf er an der Einspielung des bahnbrechenden Blue-Note-Albums “Song For My Father” beteiligt war, ging Carmell Jones 1965 nach Deutschland. Hier machte er sich in fünfzehn Jahren einen Namen durch die Zusammenarbeit mit Paul Kuhn und der SFB-Big-Band sowie Eugen Cicero. Außerdem wirkte er an Aufnahmen von Nathan Davis, einem alten Freund und Kollegen aus Kansas-City-Zeiten, sowie Annie Ross und Pony Poindexter für das Label SABA/MPS Records mit.