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Louis Sclavis, Dominique Pifarély & Vincent Courtois – neues Trio mit beachtlicher Vorgeschichte

Seit Jahrzehnten gehören Louis Sclavis, Dominique Pifarély und Vincent Courtois zur Speerspitze der französischen Improvisationsszene. Mit “Asian Fields Variation” legen sie nun ihr erstes Album als Trio vor.
Louis Sclavis
Louis Sclavis© Luc Jennepin / ECM
23.03.2017
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben Klarinettist Louis Sclavis, Violinist Dominique Pifarély und Cellist Vincent Courtois zwar schon in den unterschiedlichsten Konstellationen mit einander gespielt. Aber “Asian Fields Variation” ist tatsächlich die erste Aufnahme, die diese Musiker als Trio gemacht haben. Obwohl das Projekt von Sclavis ins Leben gerufen wurde, legt er Wert auf die Feststellung, dass es sich bei dem Trio um eine demokratische Gruppe von kreativ Gleichberechtigten handelt: “Ich schlug vor, wie ein richtiges Kollektiv zu arbeiten, in dem jeder Kompositionen zum Programm beisteuert.” Für eine “neue” Band kann das Trio eine beachtliche Vorgeschichte vorweisen: Mit Pifarély hat Sclavis in den letzten 35 Jahren bereits in diversen Kontexten zusammengespielt, mit Courtois arbeitet er immerhin auch schon seit 20 Jahren zusammen. Aber wie “Asian Fields Variation” zeigt, haben sie sich die Fähigkeit bewahrt, sich gegenseitig – und auch ihre Hörer – immer noch improvisatorisch zu überraschen. Entscheidende Qualitäten sind dabei stete Wachsamkeit und Frische. “Wir greifen auch auf eine Menge unterschiedlicher Spielerfahrungen zurück”, meint Sclavis. “Und diese Erfahrungen spiegeln sich in dem, was wir schreiben und spielen, wider. Wir bringen kontinuierlich neue Sachen in dieses Projekt ein und dringen zudem immer mehr in die Tiefe vor.”
Die Besetzung mit Klarinette, Violine und Cello mag auf den ersten Blick ein Indiz für eine eher kammermusikalische Orientierung sein. Aber laut Sclavis ist das nur ein Teil der Geschichte des Trios: “So wie ich es in der Vergangenheit schon oft gemacht habe, schreibe ich speziell für die involvierten Musiker. Ich stelle mir simple Fragen: Wo liegen Dominiques Stärken? Welche Vorlieben hat er? Und Vincent? Und was ist mit mir? Was spiele ich am liebsten? Diese Überlegungen sind dann die Ausgangspunkte.” Jeder dieser Musiker hat seine eigene kompositorische Handschrift, wobei die Stücke von Dominique Pifarély vielleicht die am striktesten “durchkomponierten” sind. Die Balance zwischen Komposition und Improvisation wurde, wie Sclavis anmerkt, im Laufe der Aufnahmesession adjustiert.
Sclavis (1953 in Lyon geboren) lernte Pifarély (der 1957 in Bègles zur Welt kam) in der Band des Bassisten Didier Levallet kennen. “Das Zusammenspiel mit Dominique war auf Anhieb sehr gut, und so lud ich ihn 1987 dazu ein, sich meiner Band für die Aufnahme von ‘Chine’ anzuschließen.” Dem folgte prompt ein Album mit dem Sclavis/Pifarély Acoustic Quartet für ECM. “Alles in allem muss ich mit Dominique wohl schon in rund fünfzehn verschiedenen Formationen und Projekten zusammengespielt haben”, meint Sclavis. Darunter befand sich auch das in den Mittneunzigern aufgenommene ECM-Album “Les Violences de Rameau”, auf dem sie in mitreißender Weise Musik spielten, die von Werken des Barockkomponisten Jean-Philippe Rameau inspiriert war.
Vincent Courtois (1968 in Paris geboren) arbeitete in den späten 1990ern das erste Mal mit Sclavis bei einem Theatermusik-Projekt zusammen. “Vincents Spiel sprach mich emotional sehr an und wir hatten zudem eine starke musikalische Verbindung”, erinnert sich Sclavis. Courtois stieß gerade rechtzeitig zu Sclavis' Band, um mit ihr 1999 das Album “L’affrontement des Prétendants” einzuspielen. 2002 konnte man ihn dann auf “Napoli’s Walls” hören. Auf der 2000 entstandenen Aufnahme “Dans la Nuit”, mit von Sclavis komponierter Musik für den gleichnamigen Stummfilm von Charles Vanel, erschienen Louis, Dominique und Vincent erstmals gemeinsam auf einem Album. Komplettiert wurde das Ensemble damals durch den Akkordeonspieler Jean-Louis Matinier und den Perkussionisten François Merville. Mit dem Projekt absolvierten sie ausgedehnte Tourneen. “In gewisser Hinsicht war es damals das Gegenteil von dem, was wir heute machen, weil die Musik zu den Bildern passen musste und wir jede Nacht versuchten, exakt dasselbe zu spielen. Aber es half uns dabei, gemeinsam einen Klang zu entwickeln, und es war auch sehr gut für unsere Präzision und Disziplin.”
Die ersten Auftritte im Trio machten Sclavis, Pifarély und Courtois – “vor fünfzehn oder sechzehn Jahren” – bei Tourneen durch Afrika und Südamerika. Nachdem sich ihre Wege in den folgenden Jahren wiederholt gekreuzt hatten (Pifarély und Courtois waren an diversen Projekten von Sclavis beteiligt, traten aber auch oft als Duo auf, während Sclavis wiederum in Bands von Courtois gastierte), taten sich die drei Musiker 2013 für ein Projekt mit der japanischen Pianistin Aki Takase zusammen. Als reines Trio traten sie dann im März 2015 mit einem Programm neuer Kompositionen beim A Vaulx Jazz Festival nahe Lyon auf. Mit dem Repertoire von “Asian Fields Variation” werden sie nun im kommenden Sommer bei einigen internationalen Jazzfestivals zu hören sein.