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Sons Of Kemet – Rückkehr der zornigen Schwarzen Tenorsaxofonisten?

Mit “Black To The Future” haben Sons Of Kemet ein Album aufgenommen, das im Plattenregal einen Platz an der Seite von Archie Shepps “Attica Blues” und John Coltranes “Alabama” verdient.
Sons Of Kemet - Black To The Future
Sons Of Kemet - Black To The Future
12.05.2021
Dieses Album als CD und LP und weitere finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Wenn man “Black To The Future”, das neue Album von Shabaka Hutchings und Sons Of Kemet, so hört, kann einem unwillkürlich ein Zitat des einstigen Impulse! Records-Produzenten Ed Michel in den Sinn kommen. “In den 1970ern”, meinte dieser einmal, “schien es so, als wäre Impulse! zu einem Label geworden, dessen Image von zornigen Schwarzen Tenorsaxofonisten geprägt wurde.” Das war eine eindeutige Anspielung auf Größen wie Archie Shepp, Pharoah Sanders, Albert Ayler, Yusef Lateef und natürlich vor allem John Coltrane, die in der vorausgegangenen Dekade bei dem Label klar den Ton angegeben hatten. Und man könnte nun durchaus argumentieren, dass Shabaka Hutchings und Sons Of Kemet diese Tradition auf “Black To The Future” neu aufleben lassen. Klingt Hutchings hier stellenweise zornig und frustiert? Ganz sicher! Aber er versteht es, diese Gefühle auf intelligente Weise in kraftvoller Musik zu kanalisieren und sie zugleich mit Optimismus und Positivität zu kontrastieren.
Black To The Future” ist sicherlich das bislang dynamischste und meistschichtige Projekt der innovativen Londoner Band. Zuletzt hatte Hutchings im März 2020, gewissermaßen am Vorabend der Corona-Pandemie, mit seinem südafrikanischen Ensemble Shabaka & The AncestorsWe Are Sent Here By History” bei Impulse! Records veröffentlicht. In vielen Themen des Albums ging es darum, der Zerstörung der Menschheit, wie wir sie kennen, entgegenzutreten. Und wer genau hingehört hatte, dem entging nicht, wie prophetisch dieses Album tatsächlich war.
Wie auf all seinen Alben macht Shabaka Hutchings auch auf “Black To The Future” einen Spagat zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Er gräbt vergessene Mythologien aus, entschlüsselt Klänge der Vergangenheit, um sie in zeitgenössische Kontexte einzubinden, und stellt eine These für die Zukunft auf. “Black To The Future” ist so zu einem politisch ergreifenden und musikalisch reichhaltigen Album geworden, das im Plattenregal einen Platz an der Seite von Archie Shepps “Attica Blues” und John Coltranes “Alabama” verdient.
Auch in musikalischer Hinsicht fällt “Black To The Future” üppiger aus als die vorherigen drei Alben von Sons Of Kemet. Der Nukleus der Band besteht zwar immer noch aus nur vier Mann: Saxofonist/Klarinettist Shabaka Hutchings, Tubaspieler Theon Cross sowie den beiden Schlagzeugern Edward Wakili-Hick und Tom Skinner. Aber um sie herum gruppiert sich diesmal eine ganze Reihe wechselnder Musiker/innen: von den Tenorsaxofonisten Steve Williamson (Jazz Warriors, Cassandra Wilson) und Kebbi Williams (John Legend, Janelle Monáe) über die Altsaxofonistin Cassie Kinoshi (SEED Ensemble) und den Trompeter Ife Ogunjobi (Moses Boyd, Jason Moran) bis hin zum Posaunisten Nathaniel Cross, dem älteren Bruder von Theon. Als Gäste wirkten an den Aufnahmen außerdem noch die Vokalistin Angel Bat Dawid aus Chicago, die Poetin Moor Mother (vom Duo Black Quantum Futurism) aus Philadelphia, der britisch-ghanaische Grime- und Hip-Hop-Star Kojey Radical, Sängerin Lianna La Havas, Poet Joshua Idehen und der Grime-MC D Double mit. Shabaka Hutchings selbst fügte dem Album  komplexe Layers hinzu, die er auf diversen Holzblasinstrumenten während des Lockdowns bei sich zuhause eingespielt hatte.
“‘Black To The Future’ ist ein klangliches Poem zur Beschwörung von Kraft, Erinnerung und Heilung”, meint Shabaka Hutchings über das neue Album. “Es beschreibt eine Bewegung, die neu definiert und bekräftigt, was es bedeutet, nach schwarzer Macht zu streben.”
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