Bereits zum vierten Mal werden dieses Jahr die Echo Jazz Awards bei einer eigenständigen Gala-Veranstaltung verliehen werden. Und stattfinden wird das für die Szene so wichtige Ereignis am 23. Mai 2013 in der geschichtsträchtigen Fischauktionshalle in Hamburg. In den vergangen Wochen stellten wir schon den Großteil der Kandidatinnen und Kandidaten vor, die für einen Echo Jazz 2013 nominiert wurden. Nun präsentieren wir zum Abschluss die letzten drei:
Stefano Bollani,
Lulu Gainsbourg und
Makoto Ozone.
Stefano Bollani: Das italienische Stil-Chamäleon
Der italienische Pianist Stefano Bollani ist in der internationalen Jazzszene eine wirkliche Ausnahmeerscheinung. Von seinem Album “Rhapsody In Blue”, mit dem er sich 25 Wochen lang in den Top 100 der Popalbencharts hielt, verkaufte er allein in seiner Heimat 60.000 Exemplare. Vielleicht hat dieser Erfolg damit zu tun, dass Bollani seine Lehr- und Wanderjahre an der Seite des Italo-Rappers Jovanotti verbrachte. Bis ihn der Trompeter Enrico Rava überzeugte, eine Jazzkarriere einzuschlagen. Eingleisig fährt Bollani seitdem aber nicht, sondern tummelt sich wechselweise im Bereich der Klassik und des Avantgarde-Jazz, spielt brasilianische Musik (von Samba über Bossa bis MPB) oder italienische Schlager und experimentiert mit Pop und Rock. Unter dem Titel “Big Band!” legte Bollani nun auch noch sein erstes Orchester-Album vor, das er mit der NDR-Big-Band und Jeff Ballard als Gastschlagzeuger live in Hamburg aufgenommen hat. Nominiert wurde er mit ihm für einen Echo Jazz Award in der Kategorie “Big-Band-Album des Jahres”.
“Stefano Bollani ist äußerst vielseitig”, meinte Uli Lemke in
Jazzthing, “solo, mit seinem dänischen Trio, im Duo mit Patenonkel
Enrico Rava, mit Quintett und nun dem großen Jazz-Orchester des NDR unter der Ägide von Geir Lysne. Kaum einer dürfte so gespannt auf das Ergebnis dieser Sessions des italienischen Pianisten gewesen sein wie der umtriebige, von allen Stilen infizierte Bollani höchstselbst. Statt neue Stücke für den Orchesterauftritt zu schreiben, hat er nämlich Lysne rangelassen. Der Norweger hat fünf Kompositionen Bollanis, die auf ‘I Visionari’ und ‘L’Orchestra Del Titanic’ bereits zu goutieren waren, in üppige Formate umgesetzt, die der musikalischen Neugier ihres Erfinders fulminant gerecht werden und diesen zu rasanten solistischen Einlagen hinreißen. Allein die lustigen Trauermärsche in ‘Quando La Morte Verrà A Prendermi’, die augenzwinkernd eingebauten Zitate aus der Folklore Italiens entfalten hier eine wunderbar schelmenhafte Atmosphäre in bunter Farbenpracht. Ottimo!”
Lulu Gainsbourg & Makoto Ozone für Sonderpreis nominiert
Für einen Sonderpreis nominiert wurden Lulu Gainbourg und Makoto Ozone. Beide nahmen zwei außergewöhnliche Alben auf. Der Sänger, Multiinstrumentalist und Songwriter Lucien “Lulu” Gainsbourg mit “From Gainsbourg To Lulu” eine gelungene Hommage an seinen 1991 verstorbenen Vater Serge Gainsbourg, bei der ihm Stars wie Vanessa Paradis, Johnny Depp, Scarlett Johansson, Iggy Pop, Marianne Faithfull und
Rufus Wainwright zur Seite standen. Ähnlich illuster waren auch die Künstler, mit denen Pianist Makoto Ozone unter dem Titel “Live And Let Live – Love For Japan” ein Benefizalbum für die Erdbebenopfer von Fukushima einspielte.
“Lulu ist nicht der geborene Sänger, er weiß das und hat es vor dem Konzert gesagt”, schrieb Uwe Killing in der Frankfurter Rundschau über Lulu Gainsbourg. “Aber dann schlägt er sich ganz achtbar. Seine Stimme verströmt durchaus eine eigene Melancholie, aber zugleich vermisst man das Innenhalten, diese Flüstertöne, die plötzlichen Abgründe. All das, was den Vortragsstil von Serge Gainsbourg so einzigartig gemacht hat. Mit vier, fünf Jahren habe er angefangen, auf dem Piano herumzuspielen, mit acht Jahren schickte ihn die Mutter aufs Pariser Konservatorium. Am Berklee College of Music in Boston hat er jüngst sein Studium beendet, er pendelt nun zwischen Los Angeles und New York. Diese Distanz zum Gainsbourg-Mythos und auch das längst amerikanisierte Popverständnis prägen das Album ‘From Gainsbourg To Lulu’. Der 26-Jährige präsentiert sich darauf als Arrangeur eines farbigen Sounds aus Jazz, Gypsy und modernen Popchansons.”
Makotos Ozones Album stellte der
MDR FIGARO folgendermaßen vor: “Der Jazzpianist Makoto Ozone hat als Kind ein Erdbeben erlebt. Wohl deshalb hatte er die Idee zu diesem Album. Alle Erlöse dieser Jazz-CD gehen an eine japanische Kulturstiftung, die die Folgen der Atomkatastrophe in Japan lindern soll. Und das mit Mitteln der Kunst und Kultur. Klangvolle Namen wie
Chick Corea, Gary Burton oder Paquito D’Rivera stehen darauf neben Größen der japanischen Jazzszene. Aber auch die polnische Sängerin Anna Maria Jopek ist dabei. Das neue, sehr eklektische Album bringt Kompositionen von Mozart und Gershwin, aber auch Improvisationen und eine japanische Ukulele. Es ist kein Hochglanzprodukt, sondern innig gespielte Musik, die aus tiefer Verbundenheit zwischen der internationalen Jazzszene und Musikern aus Japan erwachsen ist. Darum hat auf der Platte auch eine Variante des polnischen Volkstanzes Kujawik ihren berechtigten Platz.”