Seit den sechziger Jahren erhitzen sich die Gemüter an der Frage, wie original Musik zu klingen habe. Im Laufe der Auseinandersetzung wurden verschiedene Lösungen entwickelt, manche, die sich besonders streng an die rekonstruierten Vorgaben halten, andere die weiter davon entfernt sind. Und dann gibt es auch Ensembles wie das Trio Mediaeval, das souverän die zeitlichen Abstände ignoriert und sakrale Musik aus dem 15. Jahrhundert und der Gegenwart nebeneinander stellt.
Als die beiden Sopranistinnen Anna Maria Friman, Linn Andrea Fuglseth und die Mezzosopranistin Torunn Østrem Ossum des Trios Mediaeval vor drei Jahren ihr erstes Album “Words Of The Angel” vorstellten, war die Presse überrascht und das Publikum begeistert. Hier war ein Klanggefüge geschaffen worden, dass nicht nur von besonderer akustischer Sensibilität zeugte, sondern zugleich eine individuelle Tongestaltung präsentierte, die aus dem Rahmen der vorhandenen Vokalmusik fiel. Unter der Ägide des ehemaligen Hilliard-Tenors John Potter war es den drei Skandinavierinnen gelungen, sowohl durch ihr Repertoire, als auch durch ein spezielles Timbre zu betören. Ihr CD-Debüt kletterte die Verkaufshitparaden hinauf und hinterließ bei vielen Hörern einen tiefen Eindruck. Die Fortsetzung der Geschichte knüpft nun unter dem Titel “Soir, dit-elle” an das vorangegangenen Konzept an und führt es weiter.
Umsichtig kombinieren die Sängerinnen Kompositionen von Leonel Power aus der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts mit modernen Werken aus den Federn von Gavin Bryars, Oleh Harkavyy, Ivan Moody und Andrew Smith und einem anonymen gregorianischen Choral. Die vierzehn spirituellen Miniaturen fügen sich dabei erstaunlich homogen ineinander, obwohl sie zeitlich und räumlich – der ukrainische Komponist Oleh Harkavyy ist dem musikalischen Traditionszusammenhang der orthodoxen Kirche deutlich näher als seine englischen Kollegen – einen großen Bogen spannen. Aufgenommen im April 2003 in der Propstei St. Gerold unter Potters beratender Aufsicht hat das Trio Mediaeval daher ein zeitloses Album voll geistiger Kraft entwickelt, geprägt durch eine filigran gestaltende Ästhetik und den Willen zur Sanftheit, Intensität, Kontemplation.
Als der Pianist Alexei Lubimov sein Recital “Der Bote” aufnahm, integrierte er auch eine Komposition von Tigran Mansurian und Kim Kashkashian Widmung “Hayren – Music of Komitas and Mansurian” in sein Programm. Das Album wurde erfolgreich und im Rahmen der umfassenden Würdigung, die es durch die Kritik erfuhr, fiel auch der Name Mansurian des Öfteren. Bislang weitgehend unbeachtet von der Musikwelt regte sich nun ein neues Interesse am Werk des armenischen Komponisten. “Monodia” ist daher der längst überfällige Auftakt für eine Karriere, der die musikalischen Ideen des ungewöhnlichen Klangvirtuosen mit vier sehr unterschiedlichen Werken, davon drei CD-Premieren, präsentiert.
“And Then I Was In Time Again…” ist ein Konzert für Viola und Orchester und wird von Kim Kashkashian als Solistin vorgestellt. Außerdem sind neben dem Münchner Kammerorchester unter der Leitung von Christoph Poppen der griechische Geiger Leonidas Kavakos (“Concerto For Violin And Orchestra”), der norwegische Sopransaxofonist Jan Garbarek (“Lachrymae” ) und das Hilliard Ensemble (“Confessing With Faith”) zu hören. Mansurians Mischung zeitgenössischer Ausdruckformen und armenisch inspirierter Klanglandschaften bekommt auf diese Weise die bestmögliche Voraussetzung, um sich im Wettlauf der Talente als gestalterische Autorität der musikalischen Jetztzeit zu bewähren.