Auf seinem Debütalbum “Freigeweht” präsentierte sich der Pianist und Keyboarder Rainer Brüninghaus 1981 als äußerst einfallsreicher und eigenwilliger Klangmaler. Jetzt erscheint es in der “Luminessence”-Edition wieder auf Vinyl.
Diese LP und weitere der Luminessence Serie und von ECM finden Sie im JazzEcho-Store.
Einen Namen hatte sich Rainer Brüninghaus zuvor in Volker Kriegels Jazz-Rock-Band Spectrum gemacht, in der er Anfang der 1970er Jahre erstmals mit dem Bassisten Eberhard Weber zusammentraf. Weber holte ihn wenig später in seine Band Colours, mit der Brüninghaus vier Alben für ECM einspielte: “The Colours Of Chloë” (1974), “Yellow Fields” (1975), “Silent Feet” (1977) und “Little Movements” (1980). Für “Freigeweht” brachte Produzent Manfred Eicher den Keyboarder 1981 mit zwei weiteren ECM-Größen zusammen: dem kanadischen Flügelhornisten Kenny Wheeler und dem norwegischen Schlagzeuger Jon Christensen. Komplettiert wurde die außergewöhnliche Besetzung durch den klassischen Oboisten Brynjar Hoff, der später auch mit Silje Nergaard und Pål Thowsen im Jazzbereich arbeitete.
In einer Rezension des Albums für die Frankfurter Allgemeine Zeitung verfolgte Ulrich Olshausen seinerzeit die Einflüsse und minimalistischen Entwürfe des Keyboarders bis zu Steve Reich zurück: “Im Bereich des Jazz ist Brüninghaus der phantasievollste Verwender der Minimal Art. […] Er nutzt die Minimal Art weder als Ideologie noch als Rhythmusgruppenersatz, sondern spielerisch-konstruktiv als Element, das man aufgreifen kann. Er entwickelt die Themen in riesigen Spannugnsbögen aus den Ondulationsmotiven, lässt sie versickern und wieder hochquellen, um die Farben für wundersam melancholische Gemälde musikalischer Landschaften anzurühren. Als brillanter Konturenzeichner der Themen und als genialer Improvisator ist der Trompeter Kenny Wheeler der ideale Partner.” Besonders beeindruckend ist auch, wie Jon Christensen den lyrischen Themen von Brüninghaus, die Wheeler und Hoff mit kontemplativen Tönen stimmungsvoll untermalen, einen kompromisslosen und unwiderstehlichen Drive verleiht.
“Ich arbeite oft stundenlang an einem Sound, bis ich überzeugt bin, dass alle störenden Elemente aus ihm herausgefiltert sind und er wirklich zu der zugrunde liegenden musikalischen Idee passt, die mir vorschwebt”, erklärt Brüninghaus in den Liner Notes der neuen “Luminessence”-Edition von “Freigeweht”. “Ich mag keine eindimensionalen Klänge – es müssen vielschichtige, komplexe Klänge sein, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Je komplexer die technischen Mittel wurden, desto interessanter wurde die Elektronik für mich.”
Unter dem Titel “Continuum” legte Brüninghaus, diesmal begleitet vom dem Trompeter Markus Stockhausen und dem Schweizer Schlagzeuger Fredy Studer, 1984 sein zweites Album bei ECM vor, das mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde. 1988 holte ihn der Saxofonist Jan Garbarek zusammen mit Eberhard Weber in die Jan Garbarek Group, mit der Rainer Brüninghaus bis heute live auftritt.
Die “Luminessence”-Edition von"'Freigeweht" erscheint in einem Klappcover und mit neuen Liner Notes.