Manchen Fans der norwegischen Sängerin Mari Boine muß es wie ein Sakrileg vorgekommen sein, als Bugge Wesseltoft zum Beginn des neuen Millenniums eine Handvoll namhafter Remixer und Produzenten (u.a. Bill Laswell, Chilluminati, Nils Petter Molvær, Jan Bang, Jah Wobble, Mark de Clive-Lowe und Raymond Pellicer) bat, Hand an die Aufnahmen ihres Idols zu legen. Auch Mari Boine selbst, bis dahin eine eiserne Verfechterin handgemachter Musik, stand Wesseltofts Ansinnen zunächst reichlich skeptisch gegenüber. Doch als sie die ersten Resultate der Remixer zu hören bekam, wich diese Skepsis schnell großer Begeisterung. Nicht anders ging es den meisten Boine-Fans, als das Album “Mari Boine Remixed /Odda Hámis” 2001 schließlich erschien. Für “It Ain’t Necessarily Evil” überließ Mari Boine einige ihrer Originale nun zum zweiten Mal Remixern von internationalem Format zur Bearbeitung.
Die samisch-norwegische Sängerin Mari Boine ist nie eine Künstlerin gewesen, die sich – nur um ihre Präsenz unter Beweis zu stellen – dem Diktat des schnelllebigen Plattengeschäftes unterworfen und in Ein-Jahres-Abständen immer wieder neue Alben auf den Markt gebracht hätte. Ihr erste, noch eindeutig an Pop und Rock orientierte Platte “Jaskatvuoða Manná” veröffentlichte Mari Boine 1985 auf dem kleinen unabhängigen norwegischen Label Iput. Ins internationale Scheinwerferlicht rückte sie dann 1989/90. Zunächst durch ihr zweites Album “Gula Gula”, das von Peter Gabriels Real World-Label herausgebracht wurde, und danach durch die Mitwirkung an dem von Rupert Hine und Kevin Godley konzipierten und produzierten außergewöhnlichen Musikvideo “One World – One Voice”.
Seither gilt Mari Boine als feste Größe in der sogenannten Weltmusikszene. Trotzdem erschienen in den 90er Jahren von ihr gerade mal eine Handvoll eigener Alben auf Verve bzw. Antilles: 1993 “Goaskinviellja/Eagle Brother”, 1994 “Leahkastin/Unfolding”, 1996 die Compilation “Radiant Warmth” sowie das Live-Album “Eallin/Live” und schließlich 1998 “Bálvvoslatjna/Room Of Worship”, ein weiteres Live-Album. Darüber hinaus war sie 1992 und 1995 an der Einspielung der beiden Alben “Twelve Moons” und “Visible World” des Saxophonisten Jan Garbarek beteiligt.
Nach der Veröffentlichung von “Bálvvoslatjna/Room Of Worship” löste Mari Boine überraschend ihre ungemein populäre Band auf und legte eine künstlerische Pause ein. Erst 2001 meldete sie sich mit “Gávcci Jahkejuogu/Eight Seasons” zurück. Im selben Jahr erschien auch “Mari Boine Remixed/Odda Hámis”. Dann folgte eine noch längere Auszeit, bis Boine 2006 mit “Idjagiedas/In The Hand Of The Night” endlich ein neues, von dem Bassisten Svein Schultz produziertes Album vorlegte, auf dem erstmals auch moderne elektronische Instrumente zum Einsatz kamen.
Nun trommelte die inzwischen auf den Geschmack gekommene Sängerin erneut einige der aufregendsten und abenteuerlustigsten Stars der Remix-Szene zusammen, um diesmal vor allem Songs ihres letzten Albums “Idjagiedas/In The Hand Of The Night” einer Revision zu unterziehen. Der für dieses zweite Remix-Album gewählte ironische Titel “It Ain’t Necessarily Evil” darf dabei als augenzwinkernde Botschaft Boines an den Teil ihrer Fangemeinde verstanden werden, der elektronischen Klängen und Remixen immer noch reserviert gegenübersteht.
Wie schon die Remixer des ersten Albums, haben auch die Mischpultkünstler von “It Ain’t Necessarily Evil” ganze Arbeit geleistet und die faszinierenden Songs von Mari Boine mit Witz, Raffinesse und sehr viel Einfühlungsvermögen adäquat überarbeitet. Gleich zweimal kam der brillante Mungolian Jet Set zum Zuge, der zunächst mit einem Remix des Filmsongs “Elle” (aus dem Soundtrack zu Nils Gaups Film “The Kautokeino Rebellion”) das Album eröffnet und dann mit einer Bearbeitung des Titelsongs von Maris letztem Album “Idjagiedas/In The Hand Of The Night” einen weiteren Höhepunkt liefert. Der aus Tromsø stammende Syntax Erik (a.k.a. Raymond Hansen) und das schwedische Indie-Elektronik-Duo The Knife (hinter dem Namen steckt das Geschwisterpaar Karin Dreijer Andersson und Olof Dreijer) zeigen mit ihren Remixen von “Where Did All Our Colours Go?”, wie man ein und derselben Vorlage vollkommen unterschiedliche Gestalt geben kann. Dem deutschen Deep-House-DJ Henrik Schwarz war die Ehre vorbehalten, Boines letzte Single-Auskopplung “Vuoi Vuoi Me” zu remixen, während der norwegische Electronica- und Dub-Spezialist Kohib (a.k.a. Oivind A. Sjoevoll) “One Fells Of The North” einen magisch-düsteren Anstrich verlieh. Die Mitglieder der aus Kristiansund/Norwegen stammenden experimentalen Rockband 120 Days entführen “I Come From The Other Side” in bedrohlich-rockige Gefilde, während Mental Overdrive (a.k.a. Per Martinsen) “The Shadow” zu einer diskotauglichen Nummer mit einem an Giorgio Moroder erinnernden Beat umfunktioniert. Beendet wird das Album mit dem Originalthemensong des Soundtracks zu “The Kautokeino Rebellion”.