Theo Bleckmann ist weit mehr als nur ein Sänger von seltener Reinheit und stilistischer Kühnheit. Der gebürtige Dortmunder, der nun schon seit über einem Vierteljahrhundert in New York lebt und arbeitet, ist vielmehr ein absolut außergewöhnlicher Klangmaler. Im Magazin “Jazziz” hieß es einmal über ihn: “Mit atemberaubender Bandbreite, erstaunlicher Klarheit und abenteuerlichem Geist mauserte sich Theo Bleckmann zu einem der erfindungsreichsten und kreativsten Vokalisten der modernen Musik.” "DownBeat" nannte ihn schlicht ein “wahnsinniges Genie”. Nachdem Bleckmann schon auf zwei ECM-Alben von Meredith Monk und einem von Julia Hülsmann zu hören war, legt er mit “Elegy” nun sein bemerkenswertes Debütalbum als Leader auf Manfred Eichers Label vor. Das Album präsentiert ihn als Komponisten und Sänger sowie mit mehreren Instrumentalstücken, die von seiner “Ambient-Band” (wie er sie nennt) mit dem seelenverwandten Gitarristen Ben Monder, Pianist Shai Maestro, Bassist Chris Tordini und Schlagzeuger John Hollenbeck mit Leben erfüllt werden. Zu den Highlights zählen Bleckmanns sublime Interpretation von Stephen Sondheims "Comedy Tonight" (“tragedy tomorrow….comedy tonight”), die einschmeichelnde Vokalise-Nummer “Elegy” und das schmerzhaft poetische “To Be Shown to Monks at a Certain Temple”.
“Dieses Album trägt den Titel ‘Elegy” aus gutem Grund – denn jedes einzelne dieser Lieder handelt vom Tod oder Transzendenz in einer existenziellen Weise”, erläutert Bleckmann. “Verschiedene Stücke sind Instrumentalnummern, wobei ‘Cortege’ ein Trauermarsch ist. In dem Song ‘Take My Life’ stelle ich mir vor, wie es wäre zu sterben und seine Fertigkeiten peu à peu zu verlieren: die Stimme, den Herzschlag, den Atem. Als ich das Stück schrieb, dachte ich an Bach und seine Kantaten, insbesondere an die Kantate ‘Ich habe genug’, die davon handelt, freudvoll ins Jenseits überzugehen. Für dieses Album wollte ich Songs erschaffen, die diese Thematik nicht auf morbide Art angehen, sondern mit einer gewissen Leichtigkeit.”
Über den Sondheim-Song sagt Bleckmann: “In der Originalversion ist ‘Comedy Tonight’ fröhlich und lustig. Ich habe das Lied in Erinnerung an meine kürzlich verstorbene Mutter etwas atmosphärischer arrangiert. Sie war eine lustige Frau, die stets auf der Suche nach Dingen war, die sie zum Lachen bringen konnten. Ich glaube, dass sie deshalb auch 91 Jahre alt wurde – sie entdeckte Humor sogar in Dingen, die eigentlich nicht lustig waren. Und das ist für mich ein phantastischer Wesenszug.” Bei “To Be Shown to Monks at a Certain Temple” weist Bleckmann auf die thematische Bedeutung hin: “Der Text basiert auf einem Zen-Gedicht, das ich vertont habe. In ihm geht es darum, nicht aufzugeben. Denk nicht an den Tod, mach einfach weiter. Sei nicht mürrisch, leb dein Leben.”
Mit einer fast schon zen-artigen Leichtigkeit nähern sich Theo Bleckmann und seine exzellenten Musiker auf “Elegy” den ernsten Themen, auf schwebende Weise, aber stets musikalisch substanzvoll.