Flower-Power-Jazz und -Pop in modernem Gewand – “Love & Revolution” von Nicola Conte
Nicola Conte scheint es in die 1960er Jahre zurückkatapultiert zu haben. Das legt auf den ersten Blick zumindest das Cover seines neuen Albums “Love & Revolution” nah, auf dem er lässig unter einem poppigen Schriftzug vor ebensolchen Blumen liegt. “Flower Power” war damals der Slogan der amerikanischen Gegenkultur. Und die Proteste der Blumenkinder-Generation wurden musikalisch meist von psychedelischen Rockbands und politischen Folk-Barden untermalt. Doch zum Soundtrack dieser Ära gehört zweifellos auch der revolutionäre Jazz, den Künstler wie John Coltrane und Pharoah Sanders für Impulse! Records aufnahmen. Das damals tonangebende Jazzlabel feiert dieses Jahr seinen 50. Geburtstag und Nicola Contes “Love & Revolution” ist nun die erste aufregende Impulse!-Neuveröffentlichung im Jubiläumsjahr. “Für mich ist ‘Love & Revolution’ ein Protestalbum, zugleich aber auch romantisch und sentimental. Es geht um eine neue kulturelle Revolution”, sagt der süditalienische Dancefloor-Jazz-Produzent, Gitarrist, Komponist, Bandleader, Style-Avantgardist und DJ. Mit dem Album möchte Conte auch den Musikern Tribut zollen, die ihn seit jeher inspirieren: “dunklen und mystischen” Jazzikonen wie Pharoah Sanders, Mal Waldron, Max Roach und Jackie McLean, politischen Soulstars à la Curtis Mayfield, Marvin Gaye, Donnie Hathaway, Roy Ayers oder Nina Simone und auch psychedelischen Folk-Figuren wie den Byrds, Bob Dylan, Jefferson Airplane und Bobbie Gentry. Dass er sich dabei zwar klassischer Stilmittel und Formen bedient, diese aber in einen dezidiert modernen, zum Tanzen animierenden Sound einbettet, ist Ehrensache – denn genau für diesen Brückenschlag zwischen Tradition und Jetztzeit stand Nicola Conte schon immer. Seine exzellent besetzte Band hat Conte für dieses Album um eine Reihe von internationalen Stars erweitert: neben den Trompetern Till Brönner und Fabrizio Bosso sowie dem finnischen Saxophonisten Timo Lassy, die den Italiener schon bei früheren Abenteuern begleiteten, stießen diesmal auch Saxophonist Tim Warfield (Nicholas Payton, Stefon Harris, Christian McBride) und sein schwedischer Kollege Magnus Lindgren (Nils Landgren) dazu. Für die Gesangseinlagen verpflichtete er einige der aufregendsten neuen Stars der Jazzszene: José James und Nailah Porter (die gerade ihr erstaunliches Debütalbum “ConJazzNess” bei EmArcy veröffentlichte), Gregory Porter (den Kritiker schon mit Gregory Hines, Stevie Wonder und Kurt Elling verglichen), Oivavoi-Leadsängerin Bridgette Amofah und Melanie Charles, die schon mit Wynton Marsalis und Michael Jackson zusammenarbeitete. Das Repertoire setzt sich aus sieben Originalkompositionen des Leaders, einem von ihm überarbeiteten Traditional (“Ra In Egypt”) und sieben Klassikern von Conte-Vorbildern zusammen. Die Deluxe-Edition bietet darüber hinaus noch eine Bonus-CD mit einer rund 30-minütigen “Zugabe”, die man sich keineswegs entgehen lassen sollte: Denn da interpretieren Conte und seine Band unter anderem Klassiker wie “Freedom Day” von Max Roach und Oscar Brown Jr., Horace Tapscotts “The Black Apostoles”, Dave Brubecks “Autumn In Our Town” und Charles Lloyds “Forest Flower”. Das “Love & Revolution”-Programm wird Nicola Conte bei drei Konzerten nun auch gleich noch live auf deutsche Bühnen bringen: am 25. Mai im Berliner A-Trane, am 26. Mai Dortmunder Domicil und am 28. Mai beim Hamburger Elbjazz-Festival. Mit von der Partie ist dann als Gastsängerin auch Nailah Porter, die man ausgiebiger auf auf ihrem eigenen Album “ConJazzBNess” kennenlernen kann.